Mädchen im Schönheitswahn "Wenn Schuhe nicht wehtun, bringen sie nichts"

Hochhackige Schuhe stehen für erfolgreiche, sexy Frauen. Auch Kinder sind von High-Heels überzeugt. Wieso eigentlich, fragt sich stern.de Schülerpraktikantin Stacy?

Neulich im Schuhgeschäft: Eine kleine Prinzessin stolziert mit Topmodellächeln vor ihrer Mutter auf und ab. An den Füßen glitzern goldene Schuhe mit hohen Absätzen. Die Mutter schaut skeptisch und versucht, ihre Tochter von einem braunen Paar Halbschuhe zu überzeugen. Doch das Töchterchen antwortet selbstsicher: "Mama, wenn Schuhe nicht wehtun, bringen sie doch nichts."

Bringen nichts? Was sollen Kinderschuhe denn bringen? Verwirrt beobachte ich die Prinzessin-Szene. Ein Kind mit hochhackigen Schuhen? Muss das wirklich sein? Davon sind viele Kinder überzeugt. Meine kleine Schwester lackiert sich mit zarten neun Jahren die Nägel und interessiert sich für Mode. In ihrer Klasse machen das alle. Diese Mädchen brennen auf die "Vorpubertät", wie sie es nennen. Ein gefährlicher Schwebezustand zwischen Sandkasten und Dating. Etwas wovor sich jeder Teenager in Sicherheit bringen sollte, finde ich, aber sie begeistert es.

Das Ende der Kindheit

Im Alter von neun Jahren erinnere ich mich nur an kaputte Hosen, Maulwurffingernägel und zerzauste Haare. Ich habe eklige Gummibärsuppe gekocht und sie dann meinen Großeltern vorgesetzt. Ich orientiere mich, genau wie jeder Teenager an Schauspielern, Sängern oder coolen Leuten aus der Schule. Trotzdem will ich mir keine Neunjährigen in Tank Top, Lederhose und roten High Heels vorstellen.

Kann es sein, dass man als Kind in zehn Jahren keine richtige Kindheit hat? Ja, ich bin geschockt, wenn schon ein kleines Mädchen Absatzschuhe tragen will und meine Schwester zur Modeexpertin mutiert. Was kommt dann als nächstes? Dessous für Zehnjährige und Partnerportale für Zwöfjährige? Ersteres gibt es übrigens schon. Meine Schwester hat sie zum Glück noch nicht entdeckt.

Das Ziel: älter wirken

Das hört sich ganz schön moralsauer an und wenig schwesterlich. Vielleicht bin ich aber einfach nur anders als sie. Ich bekomme immer gesagt, wie erwachsen ich bin. Wenn sie mich dann nach meinem Alter fragen, können sie es kaum glauben. Und es freut mich das zu hören. Wir alle wollen älter erscheinen, als wir sind.

Zum Sandkasten will ich nicht gehören, aber auch nicht zum Dating. Mein Ding ist: Ich will klug, überlegt und zielstrebig rüberkommen. Irgendwie erwachsen eben. Aber ich bin keine Studentin, selbst wenn mich Erwachsene so einschätzen. Das Mädchen im Schuhladen wirkt wie eine Abschlussball-Prinzessin in klein, doch auch sie spielt die Rolle nur. Wie meine Schwester. Im Herzen singen sie Barbie-Songs und backen Sandtorten.

Wenn mich Erwachsene älter oder klüger einschätzen, habe ich das Gefühl, mehr in dieser Erwachsenenwelt erreichen zu können. Womöglich wollen Mädchen wie meine Schwester genau die gleiche Bestätigung hören? Nur dass sie als Zeichen des Erwachsenseins nicht das richtige Buch im Sinn haben, sondern Lipgloss und Mascara.

Stacy:

Ich bin 15 Jahre alt und Schülerpraktikantin bei stern.de.

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