Sie machen nie vor Mitternacht das Licht aus und kommen morgens nicht aus dem Bett. Am Wochenende sind Eltern froh, wenn sie ihr Kind tagsüber überhaupt zu sehen kriegen, denn es scheint nur noch zwei mögliche Aufenthaltsorte für Teenager zu geben: das Bett oder nicht zu Hause. In ihren Zimmern sammeln sich auf dem Nachttisch und am Boden neben Bergen von Papiertaschentüchern Becher, Gläser, Teller und Schalen in allen Formen und Größen. Die Küche betreten sie nur noch, um den Kühlschrank zu plündern und Vorräte in ihr Zimmer zu überführen. Eine Spur der Verwüstung zeugt davon, was sie zuletzt getan haben: Brote geschmiert, Tiefkühlpizza aufgebacken oder Smoothies püriert. Hinterher aufräumen? Fehlanzeige. Und für die nächste Schnitte werden wieder ein frischer Teller und ein sauberes Messer aus dem Schrank genommen. Manchmal stellen sie was auf die Spülmaschine – aber nie hinein. Bewegt man sie dazu, sie doch einmal einzuräumen, beweisen Pubertierende mit maximaler Platzverschwendung, dass sie einfach nicht in der Lage sind, im Haushalt zu helfen. Es ist zum Verzweifeln.
In der Pubertät lernt es sich leichter
Eine französische Studie von Stefano Palminteri und seinem Team, die in "Plos Computational Biology" veröffentlicht wurde, macht nun Hoffnung darauf, dass alles besser werden kann. Wenn man es richtig anstellt: Teenager erlernen nämlich leichter neue Gewohnheiten, wie zum Beispiel regelmäßig aufzuräumen, wenn sie dafür belohnt werden – und nicht bestraft, wenn sie es nicht tun. "Anerkennung ist etwas, woran sie gern denken", sagt auch Joseph Allen, Psychologie-Professor an der University of Virginia. "An Strafen wollen sie nicht denken. Wenn man einen Teenager motivieren will, gewinnt man seine Aufmerksamkeit daher leichter, wenn man ihn an etwas Positives denken lässt."
Gehirnbaustelle Frontallappen
Stefano Palminteri hat für seine Studie am Laboratoire de Neurosciences Cognitives zwei Gruppen gebildet, Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren und eine Kontrollgruppe mit Erwachsenen zwischen 18 und 32. Er hat die Teilnehmer ein Computerspiel spielen lassen, das abstrakte Symbole enthielt, hinter denen sich Bonuspunkte, Punktabzüge oder Stagnation verbargen. "Zu Beginn wussten die Teilnehmer nicht, welches Symbol was bedeutet und mussten durch Trial and Error herausfinden, mit welchem der paarweise angeordneten Symbole sie zu einem besseren Ergebnis kommen", erläutert Palminteri. Im Resultat hatten die Erwachsenen von den positiven wie negativen Rückmeldungen gelernt, die Teenager hingegen haben ausschließlich auf das positive Feedback reagiert. Der Neurowissenschaftler vermutet als Ursache, dass der Teil des Gehirns, der für Strafen und Konsequenzen verantwortlich ist, bei Jugendlichen noch nicht voll entwickelt ist.
Wenn Eltern nun befürchten, dass das ausschließlich positive Reagieren wie eine Bestechung wahrgenommen werden könnte, können die Ärzte sie beruhigen. "Wir empfinden es auch nicht als Bestechung, wenn wir für unsere Arbeit Gehalt bekommen", erklärt Allen. "Nur sehr wenige Teenager wollen von sich aus ihr Zimmer aufräumen." Allerdings solle man es mit der Belohnung auch nicht übertreiben, so Allen. "Sie wollen Ihren Teenager ja nicht dafür bezahlen, dass er nachts betrunken nach Hause kommt."
