An der Uni Münster wurde gewählt
»Das Studierendenparlament, den Studierendenausschuss oder den Vorsitz?« Mein Gegenüber fischt offensichtlich im Trüben. Wochenlang munterten signalrote Plakate an den Fachbereichen die Studierenden auf, sich an der Wahl zu beteiligen. Doch wen oder was wählen? »Ehrlich gesagt, so genau weiß ich es auch nicht«, gibt Stefan schließlich zu. »Gewählt habe ich aber trotzdem. Immer noch besser als gar nichts zu tun.«
Anja ist besser informiert. Sie weiß, dass es sich bei den Unterlagen um jene für die diesjährigen Wahlen zum Senat, den Fachbereichsräten und der Frauenkonferenz handelt. Wenn es jedoch um die Funktionen der Gremien geht, fehlt ihr der Durchblick: »Senat ... irgendetwas mit Verwaltung.«
Im Grunde ist schon die Tatsache erstaunlich, mit Anja und Stefan zwei Exemplare der Spezies »Wähler« angetroffen zu haben. Wie bei den letzten Wahlen werden auch diesmal wieder viele auf ihre Stimmabgabe verzichten.
Interesse für Hochschulpolitik keimt anscheinend erst dann auf, wenn es dem Studierenden an die Substanz geht - ans Portemonnaie nämlich. So schien die »68er-Zeit« für ein paar Wochen im Jahre 1997 gar nicht so weit entfernt: Die aufkeimende Diskussion um Studiengebühren bewegte streikende Studentenscharen von den Vorlesungssälen auf die Straßen. Vollversammlungen, die ihrem Namen alle Ehre machten, hitzige Debatten, uniübergreifende Proteste. Als Atavismen der Bewegung blieben zunächst die Mittwochsdemonstrationen und schließlich die noch regelmäßig stattfindenden 48-Stunden-Vorlesungsmarathons.
Dabei hat wirkungsvolle Hochschulpolitik in den meisten Fällen nicht unbedingt etwas mit Revoluzzercharme zu tun. Für die meisten Studenten erscheint sie jedoch wie ein Kampf einiger zeitlich nicht ausgelasteter Unbelehrbarer gegen Windmühlen. (dg)