5 Fragen an Ursula Lehr "Ich lebe ein wahrhaft erfülltes Leben"

Fünf Fragen, fünf Antworten: Die ehemalige Bundesfamilienministerin Ursula Lehr über ihre Begeisterung für ältere Menschen, Michelangelo und ein erfülltes Leben.

1. Wir alle beschäftigen uns mit dem Älterwerden. Ab wann beginnt für Sie das Alter?
Das Altern beginnt von der Geburt, eigentlich schon im Pränatalstadium. Einen Beginn des Alters kann man nicht festsetzen. Wenn man unter "Alter" aber körperliche Einschränkungen versteht (was falsch ist!), dann ist der "Beginn" des "Alters" bei dem einen bereits mit 40 Jahren oder darunter, bei dem anderen hat mit 100 Jahren das "Alter" noch nicht begonnen.

2. Wenn sie es sich aussuchen könnten, wie alt wären Sie dann gerne? Mit anderen Worten: Was ist ih persönliches Lieblingsalter? Warum?
So alt wie ich bin. Ein jedes Lebensalter hatte seine Reize, seine Herausforderungen, seine Chancen. Ich möchte keines meiner Lebensalter überspringen, aber ich möchte auch zu keinem zurückkehren. Ich bin neugierig, was die kommenden Lebensjahre noch bringen.

Welcher ältere Mensch begeistert Sie? Und ist sogar vielleicht Ihr Vorbild? Warum?
Viele ältere Menschen begeistern mich. Da ist die 90 jährige Malerin, die kreativ und dynamisch ist und mit kräftigen Farben Bilder von unwahrscheinlich hoher Ausdruckskraft schafft; da ist Prof. Gadamer, der als 100 jähriger glanzvolle philosophische Vorträge (ohne Manuskript!) hielt – und da ist schließlich Michelangelo, der als 80 jähriger die Kuppel des Petersdomes entwirft.

Was ist Ihr Traum fürs Alter? Und was Ihr Alptraum?
Ich habe keinen Alptraum – aber auch keinen besonderen "Traum" für das Alter. Ich lebe ein wahrhaft erfülltes Leben, habe viele Aufgaben und Herausforderungen vor mir – und hoffe nur, dass es möglichst lange so bleibt..

Bereiten Sie sich auf Ihr Alter vor?
Das ganze Leben ist – wenn man so will – eine "Vorbereitung für das Alter", denn Altern ist ein lebenslanger Prozess. Hier gilt: "Älter werden – aktiv bleiben"; oder auch "fange nie an, aufzuhören – und höre nie auf, anzufangen".

Zur Person

Jann Wilken/kst Prof. Dr. Ursula M. Lehr, geboren 1930 in Frankfurt am Main, studierte nach dem Abitur 1949 Psychologie und Philosophie in Frankfurt und Bonn. Nach Promotion und Habilitation erfolgte 1969 die Ernennung zur Professorin. Von 1972-1988 hatte sie den Lehrstuhl für Pädagogik und Pädagogische Psychologie an der Universität Köln, später den Lehrstuhl für Psychologie an der Universität Bonn und von 1986 bis 1998 den damals neu geschaffenen Lehrstuhl für Gerontologie an der Universität Heidelberg inne. Ihre Forschungsschwerpunkte lagen hier vor allem auf dem Gebiet der beruflichen Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer sowie der Berufstätigkeit der Frau.

Seit 1986 ist Ursula Lehr Mitglied der CDU. Von 1988 bis 1991 war sie Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. In ihrem Amt gelang ihr vor allem der Ausbau der Seniorenpolitik. 1995 wird sie in den wissenschaftlichen Gründungsvorstand des Deutschen Zentrums für Altersforschung an der Universität Heidelberg, für dessen Gründung sie sich aktiv eingesetzt hatte, berufen. Seit Oktober 1997 ist Ursula Lehr Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie. Seit 2010 ist sie zudem Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO).

kst