EM 2024 Allein unter Fans: Warum ist mir Fußball so egal?

Bruder und Schwester schauen ein Fußballspiel, wie sie es auch heute während der EM tun könnten
Ein seltener Moment: Unsere Autorin im Fußballstadion bei einem HSV-Spiel 2009, gemeinsam mit ihrem jüngeren Bruder.
© Lindemann
Überall jubeln und weinen seit Wochen Menschen, weil während der EM irgendwo ein Ball ins Netz rollt. Unsere Autorin kann das nur schwer verstehen. Ist das nicht alles übertrieben?

Eine meiner ersten Erinnerungen ist der grün flimmernde Röhrenfernseher im Wohnzimmer meiner Eltern. Wie Ameisen laufen kleine Menschen über den Bildschirm, auf dieser endlos großen Rasenfläche, immer einem Ball hinterher. Wenn ich daran denke, dann rieche ich Hefeweizen, sehe meinen Papa auf der Sofakante sitzen und höre eine Männer-Stimme aus den Fernseh-Boxen, die viel zu schnell spricht – so schnell spricht doch niemand! 

Noch eine Erinnerung, weniger verschwommen: Mein jüngerer Bruder, damals 17, sitzt gekrümmt auf dem Teppich vor einem inzwischen viel flacheren Fernseher. Er weint und sagt lange nichts. Drei Jahre lang hat er gehofft, gezittert und gebetet. Vergeblich. Gerade eben ist der Hamburger Sportverein – sein Verein – zum ersten Mal in die zweite Bundesliga abgestiegen. Und mein eigentlich so gleichgültiger, noch leicht pubertärer Bruder ist vor Enttäuschung tief erschüttert.