Ladendiebstahl ist ein Problem, mit dem nahezu jeder Supermarkt zu kämpfen hat. Besonders in Stadtvierteln, in denen viele finanzschwache Menschen leben, erwartet man, dass er regelmäßig vorkommt. Überraschender ist, dass Langfinger selbst in einer Gegend wie dem schicken Hamburger Stadtteil Blankenese Ärger machen – auch in einem Rewe-Markt, der direkt an der noblen Elbchaussee liegt.
Rund 60.000 Euro Schaden haben Diebe hier im vergangenen Jahr verursacht, klagt Geschäftsführer Fabian Eichemeyer. 50 Diebe hat er 2025 bereits in flagranti erwischt. Und was unter Tätern oft lapidar als "Verbrechen ohne Opfer" abgetan wird, weil man angeblich ja von milliardenschweren Konzernen stehle, hat in der Realität bittere Konsequenzen für ihn und seine 16 Angestellten: "Dann siehst du einfach, dass du den Mitarbeitern vielleicht doch keinen Bonus bezahlen kannst", berichtet er dem NDR. Nämlich dann, wenn er zum Jahresende auf die Abrechnungen schaue und denke: "Das kann doch nicht wahr sein, wo ist denn jetzt das Geld hin?"
Diebstahl im reichen Hamburg-Blankenese
Dass im beschaulichen Blankenese geklaut wird, ist einigermaßen erstaunlich, da das Viertel eine fast dörfliche Atmosphäre besitzt: Man kennt sich, man grüßt sich, sieht sich jeden Tag auf der Straße. Hier beim Ladendiebstahl im Stammsupermarkt erwischt zu werden, dürfte vermutlich besonders peinlich sein. Hinzu kommt, dass in der schicken Gegend kaum jemand am Hungertuch nagen dürfte. Warum stiehlt jemand, der eigentlich genug Geld hätte?
An einen besonders frechen Vorfall erinnert sich Eichemeyer beim NDR. Er habe einen Kunden beim Stehlen eines teuren Weins erwischt und angesprochen: "Da habe ich gesagt: 'Warum mopsen Sie diese 15-Euro-Flasche?'" Die Antwort: "Na, ich kann doch meinen Gästen keinen billigen Wein vorsetzen!"
Die Einsicht bei den Tätern hält sich also offenbar in Grenzen: "Die meisten haben mir Lügen und Ausreden aufgetischt", erklärt er im "Hamburger Abendblatt". Sogar einige Stammkunden erwischte der Geschäftsführer auf frischer Tat – für ihn besonders frustrierend und schwer zu verstehen: "Wir sehen die jeden Tag, teilweise. Das ist jedes Mal so ein richtiger Schlag ins Gesicht."
Diebe werden nur selten angezeigt
Gestohlen werden eher selten Lebensmittel für den täglichen Bedarf, sondern: Bio-Produkte, edler Champagner, Delikatessen, Rinderfilet. Und trotz des massiven Schadens, den die Diebe verursachen, zeigt Fabian Eichemeyer die Langfinger nur selten an. "Ich verstehe, dass manche mit den Preissteigerungen kämpfen. Daher verurteile ich auch diejenigen nicht, die etwas haben mitgehen lassen", sagt er. Zudem möge er seine Stammkunden und wolle nicht für Probleme innerhalb der Nachbarschaft sorgen: "Ich hoffe, dass das für Blankenese typische dörfliche Miteinander nicht dauerhaft unter den Diebstählen leidet."
Ob es etwas bringen würde, Diebe anzuzeigen, ist zudem eine andere Frage: Deutsche Gerichte seien aktuell oft so überlastet, dass Ladendiebstähle direkt eingestellt würden oder Verfahren sich extrem lange hinzögen, klagt der Handelsverband Deutschland (HDE). Der Verband fordert, dass die Politik hier eingreift, um Einzelhändler und Supermarktbetreiber zu unterstützen.
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Quellen: NDR, "Hamburger Abendblatt", HDE