Dieser Artikel erschien zuerst am 8. Januar 2023. Aufgrund der aktuellen politischen Diskussion zum Thema Organspende, veröffentlichen wir ihn an dieser Stelle erneut.
Claras erstes künstliches Herz hat die Größe einer Waschmaschine und wiegt 101 Kilogramm. So klobig ist das Herz, dass Claras Mutter es nur mit der Hilfe eines Pflegers auf einen Rollwagen hieven kann. Den Wagen schiebt sie neben Clara her, den Gang der Kinderstation H4 hinunter, Deutsches Herzzentrum Berlin. Clara und ihr Herz verbindet ein anderthalb Meter langer Schlauch, der in ihrer Bauchdecke verschwindet. Es ist September, im Innenhof scheint die Sonne auf weiße Sitzbänke. Neben den Bänken stehen kleine Ladesäulen. Clara, drei Jahre, klettert auf eine Bank und springt herunter. Klettert und springt. "Noch mal", ruft Clara, "noch mal!" Bald gibt die Waschmaschine einen Alarmton von sich. "Akkubetrieb seit circa zehn Minuten!" Sie rattert. "Wir müssen langsam in Richtung Steckdose gehen", sagt die Mutter.
Clara, was ist das für eine Maschine an dem Kabel?
"Eine Pumpe."
Und was macht die Pumpe?
"Die piept."
Claras Ärztin spricht ungern von einem "Kunstherzen". Sie sagt lieber "Assist". Manche sagen auch "mechanische Herzunterstützung". Denn genau das tut die Waschmaschine: Sie hilft Claras Herzmuskel dabei, Blut durch ihren Körper zu transportieren. Ersetzen kann sie ein Herz nicht. Clara Hermsdorf, so sieht es in jenen Wochen aus, braucht ein neues Herz. Ein echtes dieses Mal, aus Fleisch und Blut. Ungefähr so groß und so schwer wie eine Kiwi muss es sein. Niemand kann Clara dieses Herz kaufen. Es kann ihr nur geschenkt werden.