Rund 300 ehemalige Heimkinder haben nach Veranstalterangaben am Donnerstag in Berlin bei einer Demonstration gefordert, an dem vor zwei Jahren gegründeten "Runden Tisch Heimerziehung" beteiligt zu werden. Die Teilnehmer führten eine drei Meter hohe "Prügel-Nonne" mit Kruzifix und Rohrstock bei sich, um auf Misshandlungen auch in kirchlichen Einrichtungen aufmerksam zu machen. "Wir wollen, dass die Opferverbände an den Runden Tisch geholt werden", sagte Philipp Möller vom Förderkreis der kirchenkritischen Giordano Bruno-Stiftung, einer der Organisatoren der Demonstration.
Anlässlich des zeitgleich mit der Demonstration stattfindenden "Runden Tisches Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren", sagte der amtierende EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider dem rbb-Inforadio: "Die Kirchen werden sich der Forderung nach materieller Entschädigung für erlittenes Leid in staatlichen und kirchlichen Kinderheimen nicht entziehen."
Schneider sprach von einem "sehr bedrückenden Kapitel" der 50er und 60er Jahre. Dass die Kirchen dafür heute in Haftung genommen würden, sei richtig. Schließlich hätten sie die Heime damals mitgetragen. Als Problem bezeichnete er, dass es für materielle Entschädigungen momentan keine rechtliche Grundlage gebe. Am Runden Tisch "muss man sehen, wie man da miteinander weiterkommt". Es gehe aber auch um seelische Wiedergutmachung.
Der "Runde Tisch Heimerziehung" wurde auf Anregung des Bundestages im Februar 2009 eingerichtet und arbeitet das Schicksal von Heimkindern aus den 50er und 60er Jahren auf, die körperlich und seelisch misshandelt wurden. Die Betroffenen demonstrierten in Berlin gegen die "schwarze Pädagogik" und für Wiedergutmachung sowie den Verzicht auf Verjährungsansprüche. Die Demonstration stand unter dem Motto: "Jetzt reden wir!"
Das Kinder- und Jugendhilfezentrum in Schrobenhausen ging unterdessen auf Distanz zum Augsburger Bischof Walter Mixa. Er wird von ehemaligen Heimkindern beschuldigt, sie in den 70er und 80er Jahren verprügelt zu haben. In einem Brief von Stadtpfarrer Josef Beyrer und Heimleiter Herbert Reim an mutmaßliche Opfer heißt es: "Wir möchten ihnen an dieser Stelle versichern, dass wir Ihre Vorwürfe ernst nehmen. Leider haben wir keinen Einfluss darauf, wie Herr Bischof Dr. Mixa mit ihren Vorwürfen umgeht."