Unsere Titelgeschichte über das Skandal-Video von Sylt und die "Champagner-Nazis" hat für viele Reaktionen gesorgt, auch negative. Oft hieß es, wir gäben Party-Besoffskis zu viel Aufmerksamkeit, setzten sie gar einer medialen Treibjagd aus, während wir andere wichtige Themen, etwa Ausländerkriminalität, niemals so prominent beleuchteten. Ich sehe das etwas anders. Natürlich berichten wir über andere Themen. Aber wir haben als großes deutsches Magazin eine besondere Verantwortung dafür, dass Sätze wie "Deutschland den Deutschen. Ausländer raus" nicht partytauglich werden. Der stern hat, wie die Bundesrepublik generell, lange gebraucht, das Nazi-Erbe aufzuarbeiten. Wir wollen nicht, dass Naziparolen in Deutschland wieder normal werden. Deswegen werden wir dagegen die Stimme erheben, ohne andere Missstände auszublenden.
Das "Sommermärchen 2006" war ein Wendepunkt, was Deutschlands Bild in der Welt anging. Unser Autor Walter Wüllenweber erinnert sich: "Vier Wochen lang feierten wir in Massen auf Straßen, Plätzen und in Parks (...). Die Deutschen entdeckten: Wir können schwarz-rot-goldene Überzieher über die Rückspiegel stülpen oder ausgelassen 'Deutschland' grölen, ohne unbedingt Nationalisten zu sein. Jahrzehntealte Verkrampfungen lösten sich, zumindest für eine Weile." So erinnere ich mich selbst auch. Aber ging das allen Deutschen so, etwa denen, die anders aussehen als Biodeutsche und die oft Angst haben, wenn sie Menschen mit deutschen Flaggen sehen? Meine Kollegin Thembi Wolf hat eine andere Erinnerung: "Den harmlosen Schlandstolz, von dem jetzt alle schwärmen, den gab es nie. Das Sommermärchen war für Menschen, denen man ihre Migrationsgeschichte ansieht, ein Sommeralbtraum …" Hält ein Land zwei solche Sichtweisen aus? Ich glaube, ja, wenn wir beide zulassen und einander zuhören.
Kindermedizin am Limit
Die aktuelle Titelgeschichte des stern ist eine der längsten, die seit Jahren in unserem Magazin gedruckt wurden. Meine Kollegen Nico Schnurr und Dominik Stawski recherchierten Monate auf der "Station 67" der Medizinischen Hochschule Hannover, der größten Kinderintensivstation Deutschlands. "Es gibt wohl kaum einen sinnvolleren Ort, den der Mensch mit seiner Nächstenliebe erschaffen kann, als eine Kinderintensivstation", schreiben sie. Aber auch kaum einen schrecklicheren, wenn erschöpfte Ärztinnen und Pfleger entscheiden müssen, welches Kind Hilfe erhält und welches nicht. Den Satz: "Alles für ein Kinderleben" würden wir alle unterschreiben. Aber gilt er in Deutschland noch? Es ist eine Recherche, die aufrüttelt. Und ich verspreche Ihnen: Sie werden jede Zeile lesen.
Es dauerte nicht lange, bis der Wikipedia-Eintrag von Donald J. Trump aktualisiert wurde, er ist dort nun geführt als amerikanischer Politiker und Geschäftsmann, aber auch als verurteilter Straftäter. Ob ihm dies bei der Wahl im November schaden oder nutzen wird, kann niemand sagen; so etwas hat es schlicht noch nie gegeben. Bislang hatte auch kein US-Politiker trotz zweier Amtsenthebungsverfahren und einer rechtskräftigen Verurteilung doch noch Chancen auf die Rückkehr ins Weiße Haus. Gelingt Trump das, was soll ihn noch schrecken oder aufhalten?