TikTok-Trend Wie sich die Generation Z mit dem "Lazy Girl Job" von toxischer Arbeitskultur abgrenzt

Eine Frau hat ihren Kopf auf ihren Schreibtisch aufgelegt
Nur auf den ersten Blick faul: der "Lazy Girl Job"-Trend
© Vanessa Meyer / Picture Alliance
Der "Lazy Girl Job"-Trend auf TikTok ist einer von vielen, der junge Menschen dazu aufruft, sich im Job mehr zurückzulehnen. Was sich genau dahinter verbirgt und warum sich der Trend besonders an Frauen richtet. 

Es wäre nicht das erste Mal, dass man Generation Z vorwirft, arbeitsscheu und faul zu sein. Ein TikTok-Trend mit dem Namen "Lazy Girl Job" lädt da natürlich auf den ersten Blick erst recht zu ein. Dabei geht es bei dem Trend – anders als der Name vermuten lässt – nicht primär um Faulheit. Auf TikTok hat der Hashtag "Lazy Girl Job" über 18 Millionen Aufrufe. Eines der Gesichter des Trends ist die Creatorin "Gabrielle_judge", die sich selbst als "Anti Work Girlboss" bezeichnet. Dass der Name eher provokativ als deskriptiv gemeint ist, gibt sie offen zu. "Ich habe es nicht "Lazy Girl Job" genannt, weil wir tatsächlich faul sind", klärt sie in einem Video auf. 

Der Trend richte sich vor allem gegen die sogenannte "Hustle-Kultur" und veraltete Erwartungen wie etwa die, morgens die erste und abends die letzte Person im Büro sein zu müssen. Alles, worum es bei dem Trend ginge – in erster Linie: eine bessere Work-Life-Balance – werde nur im Kontrast zu dieser toxischen Arbeitskultur als faul empfunden, sagt sie. Auf ihrem Account rät sie Frauen dazu, sich einen Job zu suchen, der am besten von zuhause erledigt werden kann, flexible Arbeitszeiten erlaubt und körperlich sowie mental nicht zu fordernd sein sollte – während die Bezahlung trotzdem gut ist. 

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"Lazy Girl Job" und "Quiet Quitting": Das Leben muss sich nicht nur um den Job drehen

Der Trend reiht sich ein in eine Reihe von anderen Trends wie dem "Quiet Quitting", bei dem es darum geht, im Job weniger Eigeninitiative zu zeigen und den "Dienst nach Vorschrift" zu erledigen, statt ständige Überstunden zu schieben. Beide Trends sagen letztendlich auch, dass es okay ist, seine Prioritäten zu verlagern und einer Arbeitskultur zu entsagen, bei der der Job das Zentrum der eigenen Identität sein soll und es als hoch angesehen gilt, sich für ihn aufzuopfern. Doch wieso scheint das Bedürfnis, im Job auch mal fünf gerade sein zu lassen, immer drängender zu werden? 

Gerade in den letzten Jahren hat mit zunehmenden Krisen wie der Pandemie, einem Krieg in Europa, dem Klimawandel und der Inflation die seelische Belastung und das Burnout-Risiko für viele stark zugenommen. Die Krankschreibungen aufgrund von psychischer Belastung steigen seit Jahren. In der ersten Jahreshälfte 2023 stellte die Kaufmännische Krankenkasse bei ihren Versicherten einen Anstieg von 85 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei den Fehlzeiten aus diesem Grund fest. Die Arbeitsunfähigkeitsquote ist außerdem von 3,9 auf 5,2 Prozent gestiegen. 

Frauen leiden oft besonders unter der "Hustle-Kultur" – auch im Privaten

Einige Studien und Umfragen legen nahe, dass bei Frauen das Risiko, an einem Burnout zu erkranken oder unter chronischem Stress zu leiden, noch etwas höher ist. Das könnte unter anderem daran liegen, dass sie häufiger neben ihrer Erwerbsarbeit durch zusätzliche Arbeit belastet sind: Haushalt, das Familienleben steuern, Arzttermine und weitere Termine, Erledigungen, Einkäufe, eventuell Kinderbetreuung oder die Versorgung von Verwandten. Diese Form der oft unsichtbaren und vor allem unbezahlten Arbeit ist auch als "Care-Arbeit" bekannt. Frauen erledigen diese Arbeit laut Statistiken überdurchschnittlich häufig.

Mit dem sogenannten "Gender Care Gap" wird dies statistisch erfasst – also der Unterschied in der Zeit, die Männer und Frauen für Care-Arbeit aufwenden. Laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) von diesem Jahr liegt diese Lücke durchschnittlich bei ungefähr 50 Prozent – wonach Frauen in etwa 50 Prozent mehr Zeit mit unbezahlter Care-Arbeit verbringen als Männer. Der zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung von 2017 setzt ihn bei etwa 52,4 Prozent an. "ARD Alpha" hat ausgerechnet, dass das umgerechnet etwa 87 Minuten entspricht. 

Das heißt im Umkehrschluss, dass Frauen oft parallel zu einem stressigen Vollzeitjob im Schnitt zusätzliche unbezahlte Mehrarbeit erledigen und deshalb eine besondere Belastung tragen, die oft auch als "Mental Load" bezeichnet wird. Hinzu kommen gesellschaftliche Rollenbilder, die Frauen oft nach wie vor unter Druck setzen, all das noch mit einem Lächeln und ohne Beschwerden zu erledigen. Diese Erwartungshaltung von außen, die Frauen auch oft selbst verinnerlicht hätten, könnten bei vielen zu einem ungesunden Perfektionismus und ständigem Leistungsdruck führen, der sich ebenso negativ auf die Psyche auswirkt, sagen Psycholog:innen.

Vielleicht richtet sich unter anderem deswegen der "Lazy Girl Job"-Trend mit seinem Namen hauptsächlich direkt an junge Frauen. In einem Video schreibt Gabrielle: "Das Lazy Girl Mindset dreht sich darum, unnötige Arbeit zu vermeiden. Weil niemand Frauen sagt, dass es manchmal okay ist, weniger zu machen." 

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Quellen: Ard Alpha, BMFSJ, FAZ, IWW, t-online, BBC, TikTok

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