München Damit Obdachlose dort wieder schlafen können: Aktivisten sägen Armlehnen von Bänken

München
Die Lehnen auf dieser Bank bringen beim Sitzen keinen Halt, verhindern aber, dass sich Menschen hinlegen können. In München gab es nun eine Aktion gegen diese Form der Vertreibung.
© Michael Vi / Getty Images
Immer wieder versuchen Städte, Obdachlose aus ihrem Gebiet zu vertreiben. Ein Mittel der Wahl: Bänke und andere Liegemöglichkeiten so unbequem wie möglich gestalten. Aktivisten gingen dagegen nun vor.

"Defensive Architektur" klingt harmlos, ist aber heimtückisch: Der Begriff bezeichnet Vorkehrungen, mit denen Obdachlose von ihren Schlafplätzen vertrieben werden sollen. Oft bemerkt man diese Vorkehrungen nicht einmal, wenn man nicht selbst auf der Straße lebt: Es können unerwartet schmale Bänke sein oder Bänke mit angeschrägten Sitzflächen oder Bänke, die durch Armlehnen in einzelne Sitzflächen unterteilt werden.

Alle diese Vorkehrungen haben eines gemein: Obdachlose sollen und können dort nicht liegen. Das Stadtbild wird "sauberer", den Betroffenen geht es aber in Wirklichkeit nicht besser. Zuletzt hatte ein Video des Rappers Disarstar für Aufsehen gesorgt, mit dem er auf die Situation der Obdachlosen aufmerksam machte. In dem Video trennte Disarstar mit einer Flex mehrere Eisenbügel ab und hinterließ unter anderem ein Kissen auf dem Schlafplatz.

Auch in München ist "defensive Architektur" weit verbreitet. Dort sind nun Aktivisten gegen die Hindernisse vorgegangen und haben unter anderem Armlehnen von Bänken gesägt. Ihre Argumentation: Mit den 2019 während einer Sanierung im Bahnhof angebrachten Bänken sollten Obdachlose vertrieben werden. Schon während der Sanierung wurde die Deutsche Bahn dafür kritisiert.

Was für diese Theorie spricht: Hersteller wie Metdra sprechen in ihren Broschüren offensiv davon, dass die "optionalen Armlehnen ein leichtes Aufstehen ermöglichen und gleichzeitig den Missbrauch zum Liegen verhindern." Was nach Armlehne aussieht, ist also von Beginn an nicht nur darauf ausgerichtet, die Arme zu entlasten.

Unter anderem an dieser Bank montierten die Aktivisten die Armlehnen ab.
Unter anderem an dieser Bank montierten die Aktivisten die Armlehnen ab.
© "Wir lassen uns nicht verdrängen"

Die Reaktionen auf die Aktion fallen gemischt aus: Die Deutsche Bahn verwehrt sich dieser Darstellung und will die entfernten Lehnen nun wieder anbringen. Die Lehnen dienten "ausschließlich der Kundenzufriedenheit", wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Gegen die Aktivisten werde die Deutsche Bahn eine Anzeige erstellen. Anders sieht es die Stadtratsfraktion von Die Linke/Die Partei: Sie fordert die Stadtverwaltung auf, sämtliche Formen von "defensiver und menschenfeindlicher Architektur" in München zu verbieten.

Quellen:  "Süddeutsche Zeitung", "Merkur", "Wir lassen uns nicht verdrängen"