Depressionen, Borderline-Syndrom, Missbrauchserfahrungen - selbstverletzendes Verhalten kann viele Ursachen haben. Das Museum Lüneburg dokumentiert in einer Sonderausstellung "ÜBERWUNDEN – Tattoos auf Narben der Vergangenheit" bis zum 22. Februar Lebensgeschichten von jungen Menschen, die mithilfe von Tattoos die schwere Zeit verarbeitet haben.
"Ich nehme eigentlich erst Kunden ab 18 Jahren, aber viele Eltern haben bei mir angefragt, ob ich das nicht für ihre minderjährigen Jugendlichen machen könnte", erzählt Tätowierer Daniel Bluebird. Es habe sich herumgesprochen, dass er besonders gut mit dem empfindlichen Narbengewebe umgehen könne. "Das ist meist zeitaufwendiger", berichtet er. Zudem gebe es häufig Situationen, in denen er ein offenes Ohr für die spannenden Lebensläufe haben wollte.
Die Schau zeigt die Geschichte von acht jungen Menschen, die ihre Narben mit Tattoos überdeckt haben. Die sieben Frauen und ein Mann haben damit die Phase der Selbstverletzungen beendet, die Bilder sind teils heftige Zeugnisse von Schnittwunden. Dazu gibt es auch ein Buch - es soll eine Symbolik für einen Neustart sein. Die Körperkunst über diesen Narben könne für Betroffene eine heilsame Wirkung haben, ein Selbstschutz vor Blicken sein und vor neuen Verletzungen schützen, heißt es.
Professionelle Hilfe ist wichtig
Alle Betroffenen hatten zuvor eine Therapie gemacht. "An diesem Projekt kann man sehen, es gibt Leute, die das schaffen", sagt Vicky Richter, Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Professionelle Hilfe sei für die jungen Leute wichtig.
Das fünfköpfige Lüneburger Projektteam hatte zuvor einen Aufruf im Netz gestartet und junge Leute gesucht, die sich auch filmen lassen wollten. 120 Bewerbungen gingen ein.
"Das ist ein Riesenthema", bestätigt auch Heike Düselder, Direktorin des Museums in der Hansestadt. "Viele Eltern, Lehrkräfte und Sozialarbeiter haben damit zu tun." Begleitet wird die Ausstellung von Lesungen aus dem Buch, Führungen und Gesprächsabenden zu psychischen Krisen und Kooperationen mit der Psychiatrischen Klinik Lüneburg.