Gefährliche Bewegung Die Polizei in Bayern und die "Reichsbürger" unter den Beamten

Bislang haben die Sicherheitsbehörden die "Reichsbürger" nicht wirklich ernst genommen. Das dürfte sich nach dem tödlichen Vorfall in Mittelfranken ändern. Selbst unter Polizisten findet die Gruppierung Anhänger.

Vier Polizisten aus Bayern sind nach Informationen des "Münchner Merkurs" bei den "Reichsbürgern" aktiv. Dies habe ein Sprecher des Innenministeriums bestätigt, berichtet die Zeitung. Ein Polizeihauptkommissar, der als Ausbilder bei der Polizeischule Ainring (Landkreis Berchtesgadener Land) tätig sei, wurde demnach suspendiert.

Bei drei weiteren Polizisten "prüfen wir derzeit, ob und in welcher Tiefe die Beamten einem solchen oder ähnlich gelagerten Gedankengut nahestehen", sagte der Ministeriumssprecher der Zeitung. Es drohten Disziplinarverfahren, eventuell auch eine Entfernung aus dem Dienst. Angaben, wo die drei Polizisten beschäftigt sind, machte der Sprecher nicht.

Am Mittwoch hatte ein "Reichsbürger" in Georgensgmünd bei Nürnberg auf Polizisten geschossen und einen 32-jährigen Beamten tödlich verletzt. Gegen den Schützen wurde am Donnerstag Haftbefehl erlassen. 

"Reichsbürger" erkennen Bundesrepublik nicht an

Der Inlandsgeheimdienst soll die radikale Gruppierung nun genauer ins Visier nehmen. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, will die Bewachung der zersplitterten Organisation durch das Bundesamt für Verfassungsschutz prüfen lassen. "Der Fall muss Konsequenzen haben", sagte Mayer der "Berliner Zeitung".    

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte eine Neubewertung der Bewegung an. Sie erkennt die Bundesrepublik nicht als Staat an und behauptet stattdessen, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. De Maizière sagte der "Rheinischen Post", bislang habe der Verfassungsschutz die "Reichsbürger" als sehr zersplitterte und heterogene Bewegung gesehen.

Gefahr nicht rechtzeitig erkannt?

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, erhob schwere Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz. Der Inlandsgeheimdienst habe das Gefahrenpotenzial der Bewegung unterschätzt, sagte Mihalic im ARD-"Morgenmagazin". Es sei seit längerem bekannt, dass die Gruppierung "in hohem Maße aggressiv ist, dass sie sich in Teilen auch bewaffnet".

Der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtete unter Berufung auf Berliner Sicherheitskreise, dass es Vorbehalte gegen eine umfassende Überwachung der "Reichsbürger" durch das Bundesamt für Verfassungsschutz gebe. Die Bewegung sei nicht bundesweit vernetzt.

DPA
kis