The Female Company Mit Periodenunterwäsche will ein Start-Up häusliche Gewalt bekämpfen. Doch wem soll diese Idee wirklich helfen?

Kauft die Periodenunterwäsche: Model Stefanie Giesinger und Komikerin Ines Anioli sind Testimonials für The Female Company
Kauft die Periodenunterwäsche: Model Stefanie Giesinger und Komikerin Ines Anioli sind Testimonials für The Female Company
© The Female Company
Mit einem QR-Code in Periodenunterwäsche will ein Start-Up häusliche Gewalt bekämpfen. Ist das wirklich eine feministische Hilfskampagne? 

QR-Codes gegen häusliche Gewalt, eingenäht in Periodenunterwäsche. Für diese Idee erntet "The Female Company" gerade einen Shitstorm. Am Montag brachte das Berliner Start-Up zwei neue Period Pantys heraus: Unterhosen mit integrierter Binde. Auf der einen steht "My body, my rules” – mein Körper, meine Regeln – auf der anderen "Yes means Yes” – Ja heißt Ja. Der Slogan: "Die Period Panty gegen häusliche Gewalt.” Testimonials sind Komikerin Ines Anioli und Model Stefanie Giesinger. Was wirken soll wie eine feministische Hilfskampagne, erscheint auf den zweiten Blick als imagebedachte Verkaufskampagne, auch bekannt als "Woke Washing."

Hilfsangebote online vermehrt zu bewerben ist natürlich wünschenswert. Das sagt auch Frau Prof. Dr. Steinert, die an der Technischen Universität München zu häuslicher Gewalt forscht. Aus wissenschaftlicher Perspektive gelte es aber, bestimmte Voraussetzungen zu beachten. "Es gibt zwei wichtige Prinzipien, mit der Gewaltprävention und Gewaltintervention arbeiten sollten: Niedrigschwelligkeit und Kostengünstigkeit", sagt sie im Telefongespräch. Keines dieser beiden Prinzipien erfüllt "The Female Company".

Wen soll diese Hilfskampagne erreichen?!

"Wir platzieren einen Ausweg dort, wo Täter ihn niemals suchen würden: eingenäht in der Period Panty", so bewirbt die Firma die Unterhosen. Und weiter: "Ein unauffällig eingenähter QR-Code führt zu einer Webseite, die aussieht, wie ein normaler Online-Shop. Der Clou: versteckt befinden sich hier nicht nur Hilferufnummern und wichtige Informationen zum Erkennen körperlicher und psychischer Gewalt (..) – es kann auch direkt online Strafanzeige gestellt werden" – so steht es in der Pressemitteilung des Unternehmens. Das Verkaufsargument soll ein heimlicher Zugang zu einer Art Tarn-Website sein.

Dieser QR-Code ist in der Unterwäsche versteckt und führt zu einer Tarnwebsite mit versteckten Hilfsangeboten
Dieser QR-Code ist in der Unterwäsche versteckt und führt zu einer Tarnwebsite mit versteckten Hilfsangeboten
© The Female Company

Ziel sei es, "den Zugang zu Informationen zu erleichtern", so schreibt es das Unternehmen. Das Bestreben ist also Niedrigschwelligkeit. Eine "Period Panty" kostet aber 39,90€. Man fragt sich: Wen soll das erreichen? Welcher Mensch, der diese Firma überhaupt kennt, dort nur online bestellen kann, und sich eine fast 40€ teure "Period Panty" leistet, hat denn keinen Zugang zu Hilfsangeboten im Internet?

Hinzu kommt, dass die neuen Period Pantys in einer Limited Edition verkauft werden. Es wird zwar damit geworben, "den Zugang zu Informationen zu erleichtern." Aber die Verkaufsstrategien sind hier offensichtlich: Exklusivität und künstliche Knappheit. Beides widerspricht dem erklärten Ziel von vereinfachter Zugänglichkeit. So entsteht der Eindruck, dass hier eine Firma ein soziales Anliegen als Marketingstrategie ausnutzt.

Periodenunterwäsche weder niedrigschwellig noch kostengünstig

In Reaktion auf zahlreiche Kritik der Follower hat das Unternehmen inzwischen angekündigt, den QR-Code zukünftig auf mehrere ihrer Periodenprodukte abzudrucken. Auch betont die Firma nachträglich, man könne doch kostenfrei auf die Website mit deren Informationsangebot zugreifen. Trotzdem bleibt die Frage: Warum muss man überhaupt ein vermeintlich niedrigschwelliges Hilfsangebot mit teuren Unterhosen verkaufen?

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"Das Ziel ist nicht, Betroffene zu einem Produktkauf zu bringen, sondern Betroffenen über Alltagsprodukte versteckte Hinweise zu Hilfsangeboten zu ermöglichen", sagt die Gründerin Ann-Sophie Claus im Telefongespräch. Wenn es nicht um Geld gehen soll, dann steht die umso drängendere Frage im Raum: Warum werden keine Einnahmen der "Period Pantys" gespendet? Frau Claus schweigt fast zehn Sekunden. "Ich glaube, unsere Kampagne hilft auf andere Art und Weise." Die Spenden-Idee werde aktuell diskutiert, es sei aber noch nicht sicher, ob diese umgesetzt werde.

So bleibt von der Produktidee nicht viel übrig. Die Hilfe durch Periodenunterwäsche von The Female Company ist weder niedrigschwellig noch kostengünstig. Natürlich erleben auch gut situierte Frauen Gewalt, aber ein derart exklusives Angebot schließt besonders vulnerable Gruppen von vornerein aus: diejenigen, die nicht viel Geld haben. Aber um diese Frauen geht es bei dieser Produktidee auch nicht. Im Gespräch betont die Gründerin immer wieder, wie wichtig es sei, Aufmerksamkeit auf das Thema häusliche Gewalt zu lenken, um ihr so entgegenzuwirken.

Das stimmt. Man kann dieses Ziel unterstützenswert finden – und die Art der Umsetzung in diesem Fall trotzdem ablehnen.