Schwule Profis Traut euch bitte! Ein Coming-out im deutschen Fußball ist überfällig

Symbol für Vielfalt: Regenbogenflagge
Am Millerntor weht die Regenbogenfahne seit Jahren. Doch einen offen schwulen Fußballer gibt es auch dort nicht.
© Selim Sudheimer/ / Picture Alliance
Der englische Profifußballer Jake Daniels outet sich als schwul. Eine Sensation, gilt Homosexualität im Fußball doch noch immer als tabu. Doch das muss sich ändern.

80 bis 120 Fußballer in der ersten bis dritten Bundesliga sind schwul.* Ist es nicht seltsam, dass wir keinen einzigen davon kennen? Schauspieler, Politiker und zahlreiche katholische Priester haben sich in den vergangenen Jahren geoutet und den Schritt in die Öffentlichkeit getan. Nur im Profifußball gilt das Thema Homosexualität noch immer als tabu. Eine Zumutung.

Homosexualität ist nicht wie ein Trikot, das man einfach ablegen kann. Sie ist Teil der eigenen Identität. Warum Schwule in der Bundesliga trotzdem glauben, sich nicht outen zu können? Vermutlich ist es die pure Angst. Vor Diskriminierung, vor Schmähung, vor dem Ende der Karriere.

Die Lösung dafür war bislang Schweigen. Ein Versteckspiel, das zu Lasten der Leistung geht. Denn sich selbst zu leugnen, kostet Energie. Die Lüge wird zum festen Bestandteil des Lebens. Gerade für junge Spieler dürfte das oft eine große Belastung sein. Eine von vielen.

Ein schwuler Fußballer wäre ein großes Vorbild

Wenn wir es ernst meinen mit der offenen und vielfältigen Gesellschaft, sollten wir schwulen Fußballern die Angst vor einem Coming-out nehmen. Wir stehen euch bei! Das muss die Botschaft sein, die wir an diese Menschen senden.

Wie soll ein schwuler Junge auf dem Bolzplatz sich fühlen, wenn schon ein Fußballprofi sich nicht traut, sich zu outen? Ein Coming-out im deutschen Profifußball ist überfällig und wäre ein Akt der Empathie.

Der britische Fußballer Jake Daniels hat diesen Schritt gerade getan. "Ich bin mir im Klaren darüber, dass es das ist, was ich machen will. Und wenn dadurch, dass ich mein Coming-out habe, andere Leute das Gefühl bekommen, dass sie vielleicht dasselbe tun können, wäre das genial", sagte er. Er habe es sein ganzes Leben lang gehasst, zu lügen. "Ich möchte selbst Vorbild sein, indem ich das tue." Ein Held.

Solche Heroen braucht es auch im deutschen Profifußball. Sie wären nicht nur die strahlenden Vorbilder von vielen kleinen Jungs in ganz Deutschland, die noch immer glauben, der heterotiven Norm entsprechen zu müssen. Sondern für alle, die an eine offene Gesellschaft glauben.

Traut euch bitte! Nur dann werden wir in ein paar Jahren sagen können: "Ein schwuler Fußballer – na und?"

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?

Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Hier geht es zur Registrierung.

*Studien und Umfragen gehen von fünf bis sieben Prozent LGBTIQ in der Gesamtbevölkerung aus. Siehe Dalia Research von 2016