Als Pressesprecherin des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) im Heidekreis spricht Dr. Antje Oldenburg eigentlich gerne über Canis lupus, den Wolf. Doch die Emotionalität, mit der die Debatte über den "großen bösen Wolf" aktuell geführt werde wird, findet sie "sehr unbefriedigend", erläutert sie im Gespräch mit der "Kreiszeitung".

Mehr Fakten und weniger Emotionen würden der Debatte gut tun, findet Oldenburg. "Es ist relativ wenig Basiswissen zum Wolf vorhanden", bemängelt die Expertin.
Wichtig für das Ökosystem
Der Wolf gehöre nach Deutschland, gehöre hier ins Ökosystem und dass der Wolf sich nach über 150 Jahren Abwesenheit wieder ansiedele sei für das Ökosystem sehr gut, erläutert Oldenburg. Denn je vollständiger ein Ökosystem sei, desto stabiler sei es und es würde schwieriger das System ins Wanken zu bringen.
Wissenswertes zum Wolf – hier ein paar Verhaltenstipps, falls Sie mal einen treffen

Außerdem übernehme der Wolf wichtige Aufgaben. "Neben anderen Tieren, wie dem Fuchs, tritt der Wolf als Gesundheitspolizei auf. Er greift sich schwache und kranke Beute und stoppt so Ausbreitung von Krankheiten.“ Neben der, nicht nur größenmäßigen Regulierung der Tierbestände sorge der Wolf auch dafür, dass es zum Beispiel weniger Verbissschäden an Bäumen gebe. Die Beutereste, die die Wölfe zurücklassen, würden außerdem anderen Pflanzen und Lebewesen helfen, die sich entweder als sogenannte "Nachnutzer" von den zurückgelassenen Resten ernähren oder später von den bei der Zersetzung entstehenden Humus und weiteren anorganischen Stoffen profitieren könnten.
Verständnis für trauernde Tierbesitzer
Dass Fakten allerdings in den Hintergrund rücken würden und es für Tierbesitzer eine schlimme Erfahrung sei, die mit viel Emotionen verbunden ist, wenn ein Tier doch einmal von einem Wolf gerissen werde, dafür hat Dr. Antje Oldenburg großes Verständnis. "Die Emotionen, die Betroffenheit und wütende Reaktion kann ich voll verstehen. Überhaupt keine Frage“. Sie berichtet beispielsweise, bei ihr selbst seien mal ihre Kaninchen von einem Mader gerissen worden: "Da kommen solche Emotionen ja völlig automatisch.“
Bei Antje Oldenburg folgt daraufhin jedoch ein Aber. Sie habe sich eingestehen müssen, dass der Stall in dem die Kaninchen ihrer Familie saßen, eben auch nicht gut genug gesichert gewesen sei. Sie appelliert daher an alle Tierhalter, rechtzeitig darüber nachzudenken, wie die Tiere am besten geschützt werden könnten, bevor etwas passiere.
Dafür sieht sie nicht nur die Besitzer selbst in der Pflicht sondern auch die Politik. Es brauche dringend Verbesserungen bei den Fördergeldern, besonders für Materialkosten und präventive Maßnahmen wie etwa Zäune. Der Bedarf würde von der Politik zwar erkannt, ausgeschüttet würde das Geld aber immer erst nachdem etwas passiert sei: "Das ist doch völlig unsinnig“, ärgert sich die Naturschützerin.

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Verwunderung über Jäger
Die Position der Jäger in Deutschland findet Dr. Antje Oldenburg dagegen wenig verständlich. "Früher hieß es: Die Beutegreifer sind weg, wir müssen jagen, um die Bestände zu regulieren. Jetzt ist ein wichtiger Beutegreifer wieder da – und jetzt wollen sie den bejagen." Für Oldenburg ein Widerspruch. Zudem bringe die Jagd auf Wölfe auch keine Garantie, dass Nutztieren nichts mehr geschehen würde. In Frankreich würden zum Beispiel Wölfe bejagt und trotzdem gebe es mehr Nutztierrisse. "Prävention bleibt so oder so das A und O", meint Oldenburg
Quelle: "Kreiszeitung"