"Sie haben Brustkrebs." Das ist einer dieser Sätze, die das Leben von einen auf den anderen Moment komplett verändern. Eben noch war alles in Butter – und schon ist da irgendwo im eigenen Körper ein Tumor, der die Zukunftspläne erstmal über den Haufen wirft. Wo früher Freude und Unbeschwertheit waren, sind dann oft Panik und Angst. Wer Betroffenen helfen will, der lässt sich dann schnell dazu hinreißen, mit leeren Worthülsen um sich zu werfen. Ein Klassiker: "Es wird alles gut."
Wirklich hilfreich ist das allerdings nicht. Erstens, weil es ein Versprechen ist, das niemand seriös geben kann. Schauen Sie sich nur die aktuelle Weltlage an – wer hätte mit dem langsamen Abflachen der Corona-Krise vor einem Jahr schon gedacht, dass wir heute über Inflation, Krieg und Energieknappheit sprechen? Mal abgesehen davon, dass Corona immer noch Thema ist. Nein, wir wissen nicht, wie sich die Dinge in Zukunft entwickeln werden. Das liegt auch ein bisschen in der Natur des Lebens.
Warum aber rutscht uns so ein Satz vor allem dann raus, wenn wir versuchen, andere Menschen zu trösten und ihnen emotional beizustehen? Vielleicht, weil es Dinge im Leben gibt, für die wir nur schwer die richtigen Worte finden. Krebs ist so ein Thema. Denn noch immer ist die Erkrankung in vielen Köpfen direkt mit einem Todesurteil verknüpft. Wenn uns also jemand erzählt, dass er Brustkrebs hat, dann klingt das direkt wie das Ende.
Krebs muss kein Todesurteil sein
Dabei sinkt die Sterblichkeitsrate von Krebspatienten nahezu jährlich. Immer mehr Forscher entwickeln wirksame Methoden gegen die aggressive und unberechenbare Krankheit. Krebspatienten können also rein faktisch heutzutage mitunter ein langes Leben mit der Erkrankung führen – oder in vielen Fällen den Tumor durch verschiedene Therapiemöglichkeiten auch wieder loswerden. Bleiben wir bei Brustkrebs: 87 Prozent der Frauen mit Brustkrebs leben fünf Jahre nach der Diagnose noch.
Die Fakten sprechen also eine klare Sprache: Krebs bedeutet nicht gleich Sterben. Nichtsdestotrotz ist die Diagnose natürlich ein Schock für Betroffene und ihre Angehörigen. Selbst, wenn die Prognose günstig ist, setzt oftmals ein Trauerprozess ein. Denn Emotionen halten sich nicht an Fakten. Umso wichtiger ist es, in dieser schweren Zeit für die Betroffenen da zu sein. Die Frage ist eben nur, wie. Denn die Last der Krankheit, die kann einem keiner so wirklich abnehmen.
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Für viele Jugendliche hat das Tagebuchschreiben einen festen Platz im Alltag. Man notiert, was einen beschäftigt, wie es einem geht und wovon man träumt. Je älter wir werden, desto eher hören wir allerdings damit auf, unsere Gedanken zu Papier zu bringen. Dabei kann so ein Tagebuch echt hilfreich sein. Wer seine Gedanken aufschreibt, der schafft Platz im Kopf. Das hilft vor allem dann, wenn man im Gedankenkarussell gefangen ist oder sich nicht konzentrieren kann, weil ständig neue Tabs im Kopf aufploppen. Außerdem reflektieren wir unsere Gedanken und Erlebnisse noch einmal, wenn wir sie aufschreiben. Das kann uns helfen, den Blick zu weiten und neue Perspektiven einzunehmen. Das Tagebuch kann also helfen, zu neuen Erkenntnissen zu kommen, sich selbst besser kennenzulernen und Struktur ins Gedankenchaos zu bringen. Und wenn man sich daran mal nichtmehr erinnern kann, dann hat man es ja sogar schriftlich.
Aber Angehörige können versuchen, den Betroffenen beim Tragen der Last zu helfen. Was es dafür braucht, das weiß vor allem einer: der Betroffene selbst. Denn wie wir mit Schicksalsschlägen und Schock-Diagnosen umgehen, das ist so unterschiedlich wie unser Leibgericht oder unsere Lieblingsfarbe.
Die einen brauchen einfach nur jemanden, der ihnen die Hand hält und ihnen zuhört, wenn Redebedarf da ist. Andere wiederum sehnen sich nach Ablenkung und Normalität. Richtig und falsch gibt es hier nicht – es ist alles erlaubt, was dem Krebspatienten hilft. Hier gilt es, das direkte Gespräch mit den Betroffenen zu suchen.
Pragmatismus statt leere Worthülsen
Was die Betroffenen in der Regel aber wirklich nicht brauchen, ist jemand, der ihnen sagt: "Das wird schon." Denn so gut das auch gemeint sein mag, es signalisiert immer auch, dass man nicht verstehen kann, was der Krebspatient gerade durchmacht. Und das ist in der Regel nicht der Fall, sofern man nicht selbst schon einmal eine Krebsdiagnose erhalten hat.
Krebs bringt allerlei Leid mit sich, psychisch wie körperlich, das von außen oft nur erahnt werden kann. Und wenn sich Betroffene durch die Chemotherapie kämpfen, unter starken Schmerzen leiden und ihr Kreislauf nicht mehr so mitspielt wie früher, dann helfen gut gemeinte Ratschläge nicht wirklich. Im Gegenteil: Sie spielen die Krankheit im Zweifel sogar noch runter.
Statt aus Hilflosigkeit oder Unsicherheit mit Plattitüden à la "Alles wird gut" um uns zu schmeißen, sollten wir also versuchen, pragmatisch an die Sache heranzugehen. Durch die Diagnose Krebs verändert sich schließlich nicht automatisch auch der Mensch, der davon betroffen ist. Sein Leben ist dadurch vielleicht nur etwas schwieriger geworden – für eine Zeit.
Momente, in denen "alles gut" ist
Diese Zeit gilt es dann erstmal zu überstehen. Wie gut das dem Betroffenen gelingt, das hängt von vielen Faktoren ab. Wie so oft gilt aber auch hier: ein Schritt nach dem anderen. Nicht umsonst heißt es in der viel gepriesenen Achtsamkeitspraxis, dass man viel mehr Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt richten sollte. Denn dieser Augenblick ist das einzige, das wir wirklich aktiv beeinflussen können.
Und ja, es ist schwer, wenn die aktuelle Zeit davon geprägt ist, geliebte Menschen leiden zu sehen, ohne ihnen tatkräftig helfen zu können. Dabei wünschen sich die meisten Menschen doch nur eines: Jemanden, der für sie da ist. Dafür braucht man nicht einmal etwas zu sagen oder zu tun. Manchmal reicht es, einfach gemeinsam auszuhalten, dass das Leben eine Wendung genommen hat, die so nicht eingeplant war.
Wir können Krebspatienten nicht heilen. Aber wir können ihnen Zeit und Aufmerksamkeit schenken, sie nach ihren Wünschen und Bedürfnissen fragen und ihnen Kraft spenden, wenn sie ihnen gerade fehlt. Auch Angehörige dürfen mal traurig sein und uns über die ungeheure Ungerechtigkeit ärgern, die dieser Krankheit innewohnt. Und in anderen Momenten können wir gemeinsam mit den Betroffenen lachen und die Zeit genießen. Das sind dann die Augenblicke, in denen zwischendurch auch wirklich mal "alles gut" sein kann.