Draußen brühtet die Hitze, drinnen wird gefroren: Oft machen Klimaanlagen den Sommer kaum erträglicher. Statt für sanfte Erfrischung sorgen sie mit Temperaturen unter 20 Grad für künstliche Kälteschocks. In der Biologie gelten 18 Grad für den bekleideten Körper als optimal - für die Gesundheit und das Wohlgefühl im Alltag spielt das jedoch kaum eine Rolle. Dort verursachen die unnatürlich großen Temperatursprünge steife Nacken, Erkältungen und Sommergrippen, sagt Barbara Marnach von der AOK.
"Die Temperaturen werden wahnsinnig heruntergefahren, oft von 28 auf 19 Grad", kritisiert sie. "Der Körper bekommt einen Kälteschock." Dadurch werde das Immunsystem kurzfristig geschwächt und anfälliger für Krankheiten. "Die Kälte lähmt die Abwehrzellen", warnt Marnach.
Temeraturschwankungen - der Kreislauf leistet Schwerstarbeit
Problematisch sei jedoch nicht nur die Temperatur an sich. Zum Gesundheitsproblem wird die Klimaanlage, weil das menschliche Kühlsystem auf schnelle Temperaturwechsel nicht angemessen reagieren kann. "Der Körper schwitzt, um sich zu kühlen. Wenn es dann plötzlich kalt wird, liegt der Schweiß noch auf der Hautoberfläche", erklärt Marnach. In klimatisierten Räumen werde er deshalb nicht nur von der Klimaanlage, sondern auch vom verbliebenen Schweiß gekühlt. Die doppelte Kälte führt zur Unterkühlung.
Auch umgekehrt wird das Klimagefälle zur Belastung: Wenn nach dem Kaufhausbesuch an einem heißen Sommertag innerhalb von Sekunden das eigene Kühlsystem gestartet werden muss, leistet der Kreislauf Schwerstarbeit.
Die Temperatur innen und außen sollte nur wenige Grade Unterschied haben
Eine Sauna funktioniert ähnlich, doch der Unterschied zwischen Wellness-Erfahrung und Kälteschock liegt in der Dauer: "Nach ein paar Minuten Kältereiz geht man gleich wieder ins normale Klima und legt sich hin", sagt Marnach. "Man entspannt sich und gibt dem Körper Erholung." Die Belastung der zahlreichen Wechsel zwischen Hitze und Kälte beim sommerlichen Einkaufsbummel ist größer.
Kaufhäusern rät Marnach deshalb, lieber etwas weniger zu kühlen und auf keinen Fall unter 20 Grad zu gehen. "Die Temperatur innen und außen sollte nur wenige Grade Unterschied haben." Sonst bleibt den Kunden bleibt nur der Griff zur Jacke. "Anders ist das für den Körper kaum zu machen", betont sie. Das gilt auch fürs Auto: Dort haben viele Klimaanlagen keine genauen Temperaturangaben. Wer den Regler ganz ins Blaue dreht, sitzt irgendwann im Kühlschrank. Ein kleines Thermometer kann helfen, dass die kühle Frische nicht zum Schnupfen führt.
Das künstliche Klima wird von vielen als unangenehm empfunden
Doch auch wenn die Temperatur stimmt, wird das künstliche Klima von vielen Menschen als unangenehm empfunden. Weil die meisten Klimaanlagen noch keine Befeuchter besäßen, sei ihre Luft oft unnatürlich trocken, sagt Ingolf Dürr vom Deutschen Grünen Kreuz. "Die Feuchtigkeit wird aus der Luft herausgefiltert." Das kann zu trockenen Augen und Halsreizungen führen - die Schleimhäute kommen mit der Befeuchtung nicht nach. Modernere Anlagen oder zusätzlich installierte Luftbefeuchter können hier helfen.
Trotzdem: Jeder Mensch empfindet anders. Was den einen schon zum Husten reizt, ist für den anderen kein Problem. Und während manche in den Komfortwaggons der Bahn wegen des kühlen Klimas mit den Zähnen klappern, schwitzen andere noch immer. Das ist auch bei der Lufthansa so. Deshalb sorgen in manchen Flugzeugen bis zu acht "Klimazonen" für den persönlichen Komfort. Doch selbst hier brauchen Fluggäste aus Asien oft eine Decke extra, sagt Sprecher Michael Lamberty: "Das asiatische Publikum ist einfach temperaturempfindlicher."
Nils Weisensee, AP
Mobile Klimaanlage Test: Hier geht es zum Mobilen Klimaanlagen Vergleich.