Warten auf Spenderorgan Dieser Mann lebte sage und schreibe 555 Tage ohne Herz

Wegen einer Erkrankung mussten Ärzte Stan Larkins Herz entfernen und ihn an eine künstliche Pumpe anschließen. 18 Monate lebte der junge Mann mit dem Gerät. Nun hat er ein Spenderorgan erhalten.

Der US-Amerikaner Stan Larkin hat ein Spenderherz erhalten, nachdem er fast eineinhalb Jahre ohne menschliches Herz gelebt hat. Während dieser Zeit hielt ihn ein sogenanntes Kunstherz am Leben. Es pumpte Blut durch den Körper und übernahm die Funktion eines richtigen Herzens. 

Im Jahr 2007 kollabierte Stan, der bis dato ein gesunder Teenager war, während eines Basketballspiels. Ärzte untersuchten den jungen Mann und stellten bei ihm eine Herzkrankheit fest, eine sogenannte familiär bedingte Kardiomyopathie. Stans Zustand verschlechterte sich in den folgenden Jahren, er wurde immer schwächer. Seine Ärzte in der Herzklinik der University of Michigan fürchteten, er würde die Wartezeit auf ein Spenderherz nicht überleben. Also handelten sie im November 2014. Sie entfernten die Herzkammern des jungen Mannes und setzten dem damals 24-Jährigen ein Kunstherz ein.

Pumpkammern übernehmen Herzfunktion

Als Stan Larkin am 23. Dezember die Herzklinik verließ, um die Weihnachtstage bei seiner Familie zu verbringen, arbeiteten in seinem Körper zwei Pumpkammern. Angetrieben wurden sie durch einen Druckluft-Kompressor, den Stan in einem Rucksack bei sich trug. Er war über zwei Schläuche mit dem Kunstherz verbunden.

Die Technik des künstlichen Herzens war nicht neu – dafür aber der Antrieb. Der tragbare Kompressor war erst wenige Wochen zuvor von den amerikanischen Behörde FDA zugelassen worden. Stan war der erste Patient im Bundesstaat, der das Krankenhaus mit einem Kunstherz verlassen konnte. Der bis dato verwendete Antrieb hatte Patienten ans Krankenhausbett gefesselt. Er war mit rund 200 Kilogramm schlicht zu schwer, um transportiert werden zu können.

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555 Tage, rund eineinhalb Jahre, lebte Stan mit der tragbaren Maschine, die auch in Deutschland seit einigen Jahren zum Einsatz kommt. Sie ermöglichte ihm ein halbwegs normales, wenn auch eingeschränktes Leben. Stan musste sich stets in der Nähe einer Stromversorgung aufhalten, um die Batterien seines Geräts rechtzeitig aufladen zu können. Zudem nahm er Blutverdünner, um zu verhindern, dass sich in seinem Körper Gerinnsel bildeten. Die Zeit sei eine "emotionale Achterbahnfahrt" gewesen, erinnert er sich rückblickend.

In Deutschland ist der Einsatz von Kunstherzen üblich, wenn auch selten. Nach Angaben von Jan Gummert, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung, werden jährlich etwa 25 Kunstherzen eingesetzt. Sogenannte Herzunterstützungssysteme seien geläufiger. Bei ihnen verbleibt das menschliche Herz im Körper und wird durch eine zusätzliche Pumpe entlastet. Ein Kunstherz und damit auch ein Entfernen des menschlichen Herzens ist immer die letzte Therapie-Option: "Es wird immer dann eingesetzt, wenn das Herz so schwer geschädigt ist, dass ein Unterstützungssystem nicht mehr ausreicht."

Einsatz von Kunstherzen in den USA eher üblich

Ein Kunstherz birgt große Risiken. "Bleibt es stehen, verstirbt der Patient sofort. Sollte das Unterstützungssystem ausfallen, pumpt das Herz mit einer gewissen Restfunktion weiter, und es besteht die Chance, den Patienten zu retten", so Gummert. Ein Kunstherz ist nützlich, um die Wartezeit auf ein passendes Organ zu überbrücken. Es kommt allerdings nur dann infrage, wenn alle anderen Therapiemaßnahmen ausgeschöpft sind und der Patient von einem Tod durch Herzversagen bedroht ist.

"Wir überlegen uns sehr gut, ob wir ein Kunstherz einsetzen. Die Therapie ist nicht reversibel", erklärt Gummert, der am Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen die Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie leitet. "Findet sich kein geeignetes Spenderherz, verbringt der Patient den Rest seines Lebens mit dem System. Einige Patienten finden diese Vorstellung schrecklich." In den USA dagegen sei die Bereitschaft, ein Kunstherz einzusetzen, größer. Dort würden sich auch mehr Menschen für eine Organspende entscheiden. Die Wartezeit auf ein Spenderherz sei daher deutlich kürzer als in Deutschland.

"Ich möchte dem Spender danken"

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) warten derzeit mehr als 10.000 Patienten auf ein Spenderorgan, die meisten davon auf eine Niere. Obwohl fast jeder dritte Deutsche einen Organspendeausweis besitzt, werden mehr Organe benötigt als gespendet. Mitunter sterben Patienten, die auf der Warteliste stehen, ehe ein passendes Organ für sie gefunden wird.

Stan Larkin hatte Glück. Für ihn konnte dank des Kunstherzens noch ein Organ gefunden werden. "Die Transplantation war vor zwei Wochen, und ich fühle mich, als könnte ich nebenbei Joggen gehen, während wir hier sprechen", erklärte er auf einer Pressekonferenz vor wenigen Tagen. "Ich möchte dem Spender danken. Ich möchte seine Familie eines Tages treffen. Hoffentlich wollen sie das auch."

Auf der Seite der Deutschen Herzstiftung finden Betroffene und Angehörige Infos zum Thema Herzinsuffizienz, Herztransplantation und künstliche Herzen. Weiterführendes Infomaterial lässt sich unter der Tel. 069 955128-400 oder dieser Mailadresse bestellen.

ikr

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