Vor ein paar Monaten entdeckte ich ein Foto auf Facebook. Auf den ersten Blick erkannte ich zwei Jungen in Unterhosen, die auf einem Sofa rumlümmelten. Dann kam der zweite Blick: Das sind ja zwei Frauen! Und sie sehen aus wie ich! Sie haben auch keine Brüste.
Es handelt sich um die Kampagne eines Unterhosenherstellers aus den USA, der den mutigen Schritt gewagt hat, Melanie Testa, Jodi Jaecks und Emily Jensen als Models einzusetzen. Sie haben zwei Jahre nach jemandem gesucht, der ihre Aussage mitträgt, der ein Shooting mit ihnen macht. PLAY OUT machen „genderless Underwear“. Das passt wie die Faust aufs Auge.

Melanie, Jodi und Emily denken „queer“. Das bedeutet, dass sie für eine neue Definition der Geschlechter, bzw. für die Auflösung der Geschlechterdiskussion stehen: Wir sind alle Menschen. Man verliebt sich in einen Menschen, nicht in ein Geschlecht. Hier in Europa hat sich dies meines Erachtens schon etabliert, in anderen Ländern müssen die Menschen noch um Akzeptanz kämpfen.
Und sie haben Krebs, sind BRCA-Träger.
Das verwirrt jetzt sicher einige, denn in der Kampagne werden zwei sehr klare, viel diskutierte Auffassungen vertreten: Die beidseitige Mastektomie bei Brustkrebs und die Gender-Diskussion. Doch gerade deshalb finde ich es so toll! Wir sollten alle mal wieder klarer für unsere Meinung einstehen. Wir alle sind ein Teil der Gemeinschaft. Niemand ist perfekt. Jeder hat irgendwas, vertritt eine oder mehrere Anschauungen. Alles ist gut, solange niemand verletzt wird.

Daher finde ich es auch spitze, wenn die Kampagnen und Laufstege dieser Welt bunter werden: Es gibt einbeinige, im Rollstuhl sitzende, einarmige, +++size und Down-Syndrom-Models. Ein Querschnitt durch unsere Gesellschaft stellt das noch nicht dar, doch der Weg ist geebnet.
Nachdem ich letztens, aus heiterem Himmel, zu einem Dessous-Shooting eingeladen wurde (ich werde berichten, sobald die Fotos kommen) habe ich mich bei der Casting-Agentur Misfits-Models angemeldet (Bericht folgt). Sie vertreten die normale Gesellschaft, die 99%, die nicht der vorgeschriebenen Modelnorm entsprechen. Menschen, wie sie eigentlich sind!
Und zeigt sich hier nicht auch, welche Richtung die Mode einschlägt? Mode für den Menschen, für eine Persönlichkeit. Nicht rosa oder hellblau. Die Definition von Schönheit verändert sich für mich merklich. Sie wird freier, die "Normen" lösen sich langsam. Der Charakter tritt wieder mehr in den Vordergrund. Und das ist auch gut so.
Ich finde die Arbeiten von Melanie, Jodi und Emily toll und freue mich im September Fotos mit ihnen hier in Berlin machen zu dürfen. (Auch darüber werde ich berichten.) Wenn jemand einen Sponsor kennt, bitte bei mir melden . Falls nicht, machen wir es mal wieder wie immer: aus eigener Tasche. Denn solche Fotos sind wichtig, machen Mut und regen das Hirn an! Wir sind nämlich eigentlich alle normal. Warum sollten wir dann nicht mal alle Seiten von „normal“ zeigen?