Forscher der Universität Ulm haben nach eigenen Angaben den weltweit ersten psychologischen Test entwickelt, mit dem Computerspielsucht untersucht werden kann. Erst vor wenigen Tagen hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die sogenannte "Gaming Disorder" als Krankheitsbild in ihren Katalog der "International Classification of Diseases" aufgenommen und damit offiziell als Krankheit anerkannt. Das internationale Forscherteam um Prof. Christian Montag veröffentlichte nun Details über den neuen Test im Fachblatt "International Journal of Mental Health and Addiction".
Test soll Tendenzen zu "Gaming Disorder" erkennen
Bei dem Test handelt es sich demnach um einen Online-Fragebogen, der die Gaming-Aktivitäten der vergangenen zwölf Monate erfasst. Er beruht auf dem Prinzip der Selbsteinschätzung, wobei auf der Skala von 1 bis 5 die 1 für "nie" und die 5 für "sehr oft" steht. Nach eigenen Angaben wollen die Forscher anhand der Ergebnisse zunächst vor allem die Auswirkungen des exzessiven Computerspielens erforschen. Der Test sei weniger dazu entwickelt worden, eine Diagnose gemäß des neuen WHO-Eintrags zu stellen. Im Ergebnis könne man den Teilnehmenden lediglich mitteilen, ob sie im Vergleich mit anderen Probanden eine Tendenz zur "Gaming Disorder" aufweisen, heißt in einer Mitteilung der Uni Ulm.
Computerspielen, um Alltagssorgen zu vergessen
Eine aktuelle Studie der DAK-Gesundheit kam zum Ergebnis, dass in Deutschland etwa drei Millionen Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren regelmäßig Computerspiele nutzen. Fast jeden sechsten, also rund 500.000, stufen die Forscher als Risiko-Gamer ein. Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Suchtfragen am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf hatten nach eigenen Angaben etwa 1.000 Telefoninterviews geführt, um das Computerspielverhalten von Heranwachsenden besser beurteilen zu können. So stellten sie den Jugendlichen unter anderem neun Fragen aus einem US-Diagnosekatalog für psychische Störungen. Beispielsweise, ob der Spieler auch am Arbeitsplatz ständig ans Spielen denken muss. Demnach zeigten mehr als 15 Prozent der Befragten "riskantes oder pathologisches" Spielverhalten. 3,3 Prozent erfüllten sogar die Kriterien für eine Computerspielsucht.
Doch zurück zum Onlinetest der Universität Ulm.
In Asien ein ernst zu nehmendes Gesundheitsrisiko
Den haben Professor Montag und seine Kollegen anhand einer Stichprobe mit 550 Studenten überprüft. Sie wählten dafür demnach 236 Studierende aus Peking und 324 Studenten aus dem Großraum London und den East Midlands (Großbritannien) aus. In asiatischen Ländern sei exzessives Videospielen bereits heute ein ernst zu nehmendes Gesundheitsrisiko, erklärt Montag. Im Mittel zockten die 550 Befragten zwölf Stunden pro Woche, wobei fast die Hälfte der Zeit auf das Wochenende entfiel. Signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen stellten die Forscher übrigens nicht fest.
Insgesamt 36 Teilnehmer (6,4 Prozent) berichteten in der Befragung über große Probleme im Alltag, die sie auf ihr Spielverhalten zurückführen. Laut Montag könnten diese Spieler die Kriterien einer Spielsucht erfüllen. "Der Test scheint geeignet, um die Häufigkeit und [...] Effekte der Computerspielsucht in großen, kulturübergreifenden Gruppen [...] festzustellen", erklärte der Wissenschaftler in einer ersten Bilanz zufrieden.
Wann wird der Spielspaß zur Spielsucht?
Der erste sogenannte "Gaming Disorder Test" in China und Großbritannien soll nun mit Hilfe der Plattform gaming-disorder.org zur bislang größten Untersuchung zum Thema Computerspielsucht ausgebaut werden. Wie die Uni Ulm mitteilte, stehe der Test ab sofort in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung. Die Wissenschaftler aus Deutschland, Australien, Großbritannien und China hoffen auf Tausende Teilnehmer. Letztlich wollen sie verstehen, an welchem Punkt Computerspielen zum gesundheitlichen Problem wird und welche Faktoren dazu führen, dass ein Spieler eine "Gaming Disorder" entwickelt.

Quellen:Uni Ulm; "Deutschlandfunk"