"Doch hier wurde eine Totenmaske unter dem Schnee sichtbar, wie der Chefinspektor noch keine gesehen hatte. Er wusste, dass er diesen Anblick niemals vergessen würde. Aber er ahnte noch nicht, dass dies der entscheidende Augenblick seines Lebens war."
(Martin Cruz Smith: "Gorki Park")
Liebe Leser: Der Autor, den wir Ihnen in dieser Woche vorstellen, ist zum Glück verdammt stur. Als er seinem Verleger das Manuskript zu "Gorki Park" vorlegte, sagte der zur Hauptfigur, einem russischen Kommissar: "Mach einen New Yorker Cop aus ihm, dann läuft es." Doch Martin Cruz Smith blieb hart. Tatsächlich hatte er zunächst selbst vorgehabt, einen Amerikaner im Rahmen einer Morduntersuchung auch in Russland ermitteln zu lassen. Bei seinen Recherchen in Moskau wurde Cruz Smith allerdings schnell klar, dass der Mann ein Russe sein musste, um authentisch zu wirken. Also schuf er einen Insider, der in der Metropole des Sowjetreiches auf eine Verschwörung stößt, die sein ganzes weiteres Leben verändern wird.
Wir sind Martin Cruz Smith dankbar für diese Entscheidung und seine Hartnäckigkeit. Ansonsten wäre uns - und Ihnen - einer der faszinierendsten Kommissare der Krimi-Geschichte entgangen: Arkadi Renko, Chefermittler der Moskauer Mordkommission. Monatsgehalt: magere 180 Rubel. Kann sich weder einen Fernseher noch eine Waschmaschine leisten. Der Dienstwagen: ein nahezu schrottreifer Zweitürer. Renko ist ein desillusionierter, verschlossener Charakter, kettenrauchend, einsam, aber von mürrischer Beharrlichkeit, wenn er erst einmal auf der Fährte eines Mörders ist.
stern Krimi Bibliothek
Martin Cruz Smith: "Gorki Park", 6,95 Euro im Handel. Die ganze Edition kostet 129 Euro.
Im verschneiten Gorki Park der sowjetischen Hauptstadt werden zwei Männer und eine Frau erschossen aufgefunden. Grausam verstümmelt, eine Identifizierung ist unmöglich. Arkadi Renko übernimmt den mysteriösen Fall und stößt bei seinen Ermittlungen auf einen dubiosen amerikanischen Pelzhändler, der einflussreiche Freunde im Machtapparat hat. Und er trifft auf die schöne Russin Irina, in die er sich schließlich verliebt und für die er sein Leben riskieren wird.
Martin Cruz Smith, Jahrgang 1943, schreibt so detailversessen, dass man schnell das Gefühl hat, der Mann sei selbst Russe, so glaubwürdig und kenntnisreich wirken die Personen und Szenarien dieses Romans. Als er sein Manuskript nach acht Jahren fertig hatte, ließ er es von russischen Emigranten auf sachliche Fehler gegenlesen. Der Erfolg des Buches war gewaltig. In wenigen Wochen eroberte Cruz Smith die Spitzenposition der amerikanischen Bestsellerlisten und behauptete sie monatelang. Vergleiche mit John le Carré wurden bemüht. Auch unsere damaligen Kollegen beim stern waren begeistert und begannen 1981 mit einem exklusiven Vorabdruck des Romans. Von seiner Wucht und seiner Eindringlichkeit hat er seitdem nichts eingebüßt. Und darum freuen wir uns, Ihnen "Gorki Park" als achten Roman unserer Krimi-Bibliothek erneut zu präsentieren.
Unser Fazit:
ein Polit-Thriller, wie er sein muss: hart, spannend und voller überraschender Wendungen.