Madonna bei der Berlinale "Ich wäre gerne eine Zigeunerin"

  • von Kathrin Buchner
Berlin im Madonna-Wahn: Frau Ciccione stellt ihren Debütfilm "Filth and Wisdom" vor, Kritiker und Fans drehen durch. Wütende Kollegen liefern sich Verbalschlachten mit dem Einlasspersonal, der Potsdamer Platz gleicht einem Hochsicherheitstrakt.

Frenetischer Applaus - als ob sie ein Konzert geben würde, beklatschen die rund 300 Journalisten im Saal den Auftritt von Madonna bei der Pressekonferenz der Berlinale. Blonde Korkenzieherlocken, strahlender Teint, schwarze, leicht durchsichtige Bluse - Popsängerin Madonna sieht jung und frisch aus bei der Vorstellung ihres ersten Spielfilms "Filth and Wisdom", "Schmutz und Weisheit". Schon im Titel stecke die Dualität, die sie ausdrücken wolle. "Ich kämpfe immer noch darum, nicht irre geführt zu werden durch Illusionen und schwanke immer zwischen Licht und Schatten", sagt Madonna.

Bei ihrem Regiedebüt stand sie eher auf der Sonnenseite und zeigte, dass sie hinter der Kamera ein besseres Händchen hat als davor. Ihr 80-minütiges Werk über drei junge Leute, die ihre Lebensträume verwirklichen wollen, ist zwar kein Meisterstück, aber immerhin ein amüsantes und unterhaltsames Filmchen im Independent-Stil. An ihrer Seite sitzen die Hauptdarsteller, Holly Weston, die Holly, die Stripperin spielt und wie eine jüngere Ausgabe von Madonna aussieht, ebenfalls blond, ebenfalls mit Korkenzieherlocken. Vicky McLure musste für ihre Rolle der Apothekenverkäuferin Juliette ihre langen braunen Haare abschneiden. Eugene Hutz als A.K. gibt unverblümt zu, dass er sich selbst gespielt hat, den Sänger der Zigeuner-Punk-Band Gogol Bordello, mit der er im echten Leben den derzeitigen Ethno-Rock-Hype verursacht hat.

Das "Like-a-Virgin"-Gefühl als Regisseurin

Wie eine Zigeunerin würde sie auch gerne mal leben, sagte Madonna. Diese Lebendigkeit und Authentizität des spontanen Lebens würde sie bewundern und deswegen auch in ihre Arbeit integrieren. Ob sie sich denn "Like a virgin" bei ihrer ersten Arbeit als Regisseurin gefühlt habe, wollte ein französischer Journalist wissen und hatte damit die Lacher auf seiner Seite - sehr zum Unmut von Madonna, die sich ungern die Show stellen lässt. Jede zweite Frage wies sie rigoros ab - "wenn sie eine provozierende zweite Frage stelle, vergesse ich die erste", und kommentierte ihr schmeichelnde Fragen mit "das ist eine Gute".

Einen Verleih hat sich für das Werk noch nicht gefunden. Eine Veröffentlichung im Internet könne sie sich durchaus vorstellen, schließlich liebe sie es, Dinge "unkonventionell anzugehen". Bisher hat Madonna die Finanzierung des Werkes allein getragen. Dass sie eine clevere Geschäftsfrau ist, beweist sie mit der Art der Musikauswahl. "Ich habe meine Songs und die von Freunden genommen, denen muss ich nichts zahlen", sagt Madonna. Zu den Kosten des Films äußerte sie sich nicht, aber man darf annehmen, dass der mit einer überschaubaren Crew vor ihrer Haustür in London gedrehte Streifen kein riesiges Loch in die Ciccione-Guy-Richtie-Haushaltskasse gerissen hat.

Dann kündigt sie noch an, dass es demnächst einen Dokumentarfilm über Malawi, dem Land ihres Adoptivsohns David geben werde, den sie in Cannes vorstellen wolle. Sie lieferte sich noch ein Verbalduell mit einem Journalisten, der sie nach ihrem Sexleben ausfragen wollte, "wie kommen sie darauf, dass man keinen Sex mehr hat, wenn man verheiratet ist und Kinder hat?", plauderte ein wenig über ihre Jugend in der prüden amerikanischen Provinz, in der sie durch ihren schwulen Tanzlehrer und in Gay-Clubs erfahren habe, wie gesellschaftliche Außenseiter respektieren werden können. Am Ende durften alle noch mal mitklatschen: Die frischgebackene Regisseurin fordert Eugene Hutz zu einer Live-Performance auf seiner Gitarre auf, und die Madonna-Show endete wie jede Madonna-Show: mit Musik.

PRODUKTE & TIPPS