Cannes-Tagebuch Die fantastischen Drei: Wetter, Promis, Filme

Klatsch und Tratsch aus Cannes gefällig? Salma Hayek hat wirklich hotelturmwürdige Rundungen. Und Scarlett Johansson, die in knallroten Pumps zur Pressekonferenz stakste, sieht auch aus kurzer Entfernung sehr frisch und sehr fantastisch aus.

Lumière, Debussy, Bazin, Buñuel. Das sind für alle Festivalbesucher die wichtigsten Orte. Lumière, Debussy, Bazin, Buñuel heißen nämlich die vier Kinosäle, in denen die Wettbewerbsbeiträge und das Programm der Nebenreihe "Un Certain Regard" ausgestrahlt werden. Alle vier befinden sich in einem Betonklotz, der architektonisch völlig anmaßend hier als "Palais de Festival" durchgeht. Das einzige, was entlang der Croisette jedoch an Paläste erinnert, sind Luxushotels wie das Carlton, dessen zwei prächtige Rundtürme angeblich von den Brüsten eines Filmstars inspiriert wurden.

Doch statt weiblicher Reize inmitten hotel-foyeristischer Entspanntheit erwarten die Journalisten in den Gängen und auf den Etagen des eigentlichen "Palais" eher hektische Betriebsamkeit, überquellende Pressefächer und lange Warteschlangen. Aber versuchen Sie das mal den Lieben zuhause klar zu machen. Die ersten Fragen, wenn man sich bei Freunden oder der Familie meldet, sind immer die gleichen. Und immer in der gleichen Reihenfolge.

Erstens: Und, wie ist das Wetter?

Natürlich scheint pausenlos und frühsommerlich warm die Sonne. Natürlich glimmen die fast weißen Sandstrände rund um die Altstadt, und das Mittelmeer schmatzt verführerisch mit kleinen, sanften Wellen. Aber was bringt das, wenn man täglich fast zehn Stunden in dunklen, klimatisierten Räumen die Knie am Polster des Vordersessels reibt?

Zweitens: Und, welche Stars hast du schon getroffen?

Die Daheimgebliebenen möchten selbstredend Klatsch und Tratsch aus erster Hand. Und so denkt man lange nach, welche Namen denn am meisten Eindruck schinden könnten. Michael Pitt wohl kaum. Oder hat der vielleicht irgendwas mit Brad Pitt zu tun? Der jüngere Bruder? Emily Mortimer: Nie gehört. Charlotte Rampling. Ist die nicht schon ziemlich alt? Nur die ganz schweren Kaliber zünden. Also: Salma Hayek hat wirklich hotelturmwürdige Rundungen. Und Scarlett Johansson, die in knallroten Pumps zur Pressekonferenz stakste, sieht auch aus kurzer Entfernung sehr frisch und sehr fantastisch aus. Javier Bardem hat einen riesigen Charakterkopf. Und Kevin Bacon ist wirklich ein toller, toller Schauspieler, der schon seit Jahren von den Fans zu Unrecht ignoriert wird.

Mit Regisseuren braucht man erst gar nicht anzufangen. Oder wollten Sie schon immer mal wissen, wie Alexander Payne, Agnes Varda, Gus van Sant, Kim Ki-Duk oder Atom Egoyan aus der Nähe aussehen? Wie wäre es denn mit Woody Allen? Ein sehr charmanter, witziger Erzähler, der aber inzwischen verdammt schlecht hört.

Drittens: Und, hast du schon irgendwas Gutes gesehen?

Endlich. Reden über Film. Am Nachmittag des dritten Tages ist man inzwischen bei Film Nummer acht angelangt und hat viel zu berichten. Der Gus van Sant-Wettbewerbsfilm "Last Days" ist mehr Kunst als Kino. Eine Folge von Tableaus, wenig Schnitte, so gut wie keine Handlung, sondern nur Atmosphäre. Es geht um die letzten Tage im Leben eines Rock-Musikers, inspiriert vom Tod der Grunge-Legende Kurt Cobain, und ähnlich wie in seinem letzten Film "Elephant"... Wie denn, habt ihr auch schon nicht gesehen? Nun.

"Where the Truth Lies", der Wettbewerbsfilm von Atom Egoyan, erzählt die klug konstruierte Erfolgsgeschichte zweier TV-Entertainer, deren Gewissen von einer Mädchenleiche belastet wird. Das ist famos in Szene gesetzt, lässt einen aber recht unbeindruckt zurück. Wer ältere Egoyan-Werke wie "Exotica" oder "The Sweet Hereafter" liebt, wird... Kennt ihr nicht, hm.

Jedenfalls: Der neue Kim Ki-Duk "Der Bogen" reicht nicht an sein letztes Meisterwerk "Eisen drei" heran, der in Venedig einen der Hauptpreise bekam. Oh, der ist ja in Deutschland noch gar nicht gestartet. Nun. Ich muss jetzt los. Edward Norton soll hier noch irgendwo rumlaufen.

Matthias Schmidt

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