Dreharbeiten Bollywood an der Bergstraße

Von Panja Schollbach
Wohin gehen Bollywood-Filmemacher, wenn sie richtig exotische Drehorte suchen? Nach Heppenheim. In dem hessischen Städtchen an der Bergstraße dreht gerade ein indischer Popstar seinen ersten Film. Mit Saris, Tanz - und Autostunts in der verkehrsberuhigten Zone.

"Heppenheim is fantastic", schwärmt Indiens Popidol Himesh Reshammiya (33) artig in die Kameras der deutschen TV-Teams. Heppenheim ist ein romantischer Weinort an der Bergstraße, beschaulich zwischen sanften grünen Hügeln gelegen. Seit Wochen dient die Idylle als Filmkulisse für den indischen Bollywood-Streifen "Aap Kaa Suroor" - zu deutsch: "Meine Leidenschaft".

Und warum Heppenheim? "Die Inder finden es hier absolut exotisch", sagt Landrat Matthias Wilkes (CDU). Er muss es wissen, denn er hat die größte Filmindustrie der Welt in den hessischen 26.000-Einwohner-Ort mit seinen schmucken Fachwerkhäusern und engen Gässchen geholt. Beinahe hätten sie sogar den Weihnachtsmarkt für den indischen Film wieder aufgebaut - mitten im März. Mumbai meets Heppenheim, so einfach ist das.

Action in der Mozartstraße

Auch die Mozartstraße, gesäumt von gepflegten Einfamilienhäusern, liebevoll gestutzten Vorgartenhecken, strahlt deutsche Gemütlichkeit aus. Am 18. Drehtag sollen zu Füßen der Starkenburg Stuntszenen gedreht werden. "Bitte treten Sie von der Straße zurück, es könnte gefährlich werden", warnt der Mann mit dem Megafon. Rund 60 Schaulustige warten mit Einkaufstaschen zwischen Friseurladen Ehrlich-Seeger und Bäckerei Kaufmann bis es losgeht. Und Action! In einer wilden Verfolgungsjagd rasen drei Autos durch die verkehrsberuhigte Zone, krachen aufeinander. Ein blauer Mini überschlägt sich mehrfach, schlägt schließlich hart auf der Fahrertür auf. Das Kölner Stunt-Team "Action Concept" hat die brenzlige Situation mit Bravour gemeistert. Die Filmcrew applaudiert, die Heppenheimer auch. Der Regisseur kontrolliert die Aufnahme im Monitor, die Einwohner auf ihren Foto-Handys.

"It´s the real love story of a rockstar", fasst der vollbärtige Himesh im weitgeöffneten Satinhemd die Handlung seines ersten Kinofilms zusammen. Die 12-Millionen-Euro-Produktion erzähle seine Geschichte, zumindest was die Romanze betreffe. In Heppenheim kennen ihn nur wenige. "Er ist einfach unbeschreiblich, wir haben alle CDs von ihm", schwärmen drei pakistanische Mädchen aus Bürstadt. Aus dem Handy der 21 Jahre alten Asma trällern seine Songs. Auch die 19-Jährige Schazia und die gleichaltrige Amtul können ihr Glück kaum fassen: In einer kurzen Drehpause lässt sich Himesh mit den Mädchen fotografieren und gibt Autogramme. "Damit machen wir alle neidisch", lacht Asma.

Bollywood als Standortmarketing

Der Schmachtfetzen wird trotz Bergstraßen-Flair nicht auf die typisch farbenfrohen Bollywood-Szenen, prächtige Gewänder, Gesang und Tanz verzichten. Die meisten Show-Szenen sind schon im Kasten. Gedreht vor Fachwerk in Heppenheim, auf dem Mannheimer Flughafen, dem Heidelberger Schloss und der Kölner Innenstadt. Erst im vergangenen Sommer wurde in Heppenheim das erste deutsch-indische Filmbüro in Europa gegründet. "Der Film wird richtig einschlagen in Indien", glaubt Landrat Wilkes. Das Filmgeschäft mit Bollywood versteht Wilkes auch als "Standortmarketing" der Region Bergstraße. Jetzt hofft der ganze Landkreis, dass dem Filmteam aus Mumbai auch die indischen Touristen ins romantische "Nibelungenland" folgen werden.

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