Bei moderner Kunst stellt man sich noch öfter als sonst die klassische Frage, was der Künstler einem damit eigentlich sagen wollte. Die Interpretationen gehen dann manchmal auseinander, meist aber hat man zumindest eine grobe Vorstellung davon, was auf dem Bild zu sehen ist. Im Falle des niederländischen Abstraktionsmalers Piet Mondrian waren aber sogar Experten desorientiert.
Jahrzehntelang hing sein Bild "New York City 1" in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen – offenbar falsch herum, wie sich jetzt herausstellte. Zugegeben: Es ist auch nicht wirklich einfach, herauszufinden, wo bei dem Kunstwerk oben oder unten ist. Es zeigt nämlich nur waagerechte und senkrechte Klebestreifen in verschiedenen Farben.
Michael Heizers "City"

Bild von Piet Mondrian hing auf dem Kopf
Dennoch meint die Kunsthistorikerin Susanne Meyer-Büser den Fehler entdeckt zu haben. Sie kuratiert die Ausstellung "Mondrian.Evolution", die in dem Museum zum 150. Geburtstag des Künstlers gezeigt wird. Hundertprozentig belegen kann auch sie ihre These, das Bild sei so lange falsch herum angeschaut worden, nicht. Doch einige Hinweise sprächen dafür, erklärte Meyer-Büser: Zum Beispiel der Vergleich mit einem Schwesterbild, das fast genauso aussieht und in Paris hängt. Außerdem seien die Klebestreifen auf der Seite, die man bisher für oben hielt, unsauber abgeschnitten – was nicht zu der Annahme passt, dass der Künstler von oben nach unten klebte.

Zu Lebzeiten Mondrians habe das Bild auch noch richtig herum gehangen, das zeigt ein Foto, das wenige Tage nach seinem Tod 1944 aufgenommen wurde. Erst später wurde es umgedreht – offenbar ohne dass jemand den Fehler bemerkte. So hing das Kunstwerk mehr als 40 Jahre lang quasi auf dem Kopf in Düsseldorf. So kennt es die Welt, so ist es in den Kunstkanon eingegangen. Und deshalb soll das Bild von Mondrian auch weiterhin so hängen bleiben – viele Museumsbesucher dürften sich von nun an aber die Köpfe verrenken, um es in seiner ursprünglichen Form betrachten zu können.