"Reason" Melanie C geht auf Nummer sicher

Nach ihrem erstaunlich erfolgreichen Debüt rudert Melanie C nun künstlerisch zurück: Auf ihrem neuen Album "Reason" liefert das Ex-Spice-Girl wenig Aufregendes und Innovatives.

Als die Spice Girls nach ihrer Trennung vor fünf Jahren durchgängig Soloprojekte ankündigten, nahm kaum ein Branchenkenner das ernst. Tatsächlich blieb es bis auf eine Ausnahme bei Strohfeuern, die noch vom Spice-Girl-Ruhm zehrten und Schlagzeilen mit berühmten Ehemännern, Sexbeichten oder viel Haut eher abseits der Musik produzierten.

Musik ist ihr sehr wichtig

Die Ausnahme war ausgerechnet die ruhige «Sporty Spice» Melanie Chisholm, die jetzt mit «Reason» ihr zweites Album vorlegt. Schon zu Lebzeiten der Girlie-Truppe galt sie als das Spice Girl, dem die Musik besonders wichtig war. «Ich denke, jeder würde bestätigen, dass ich diejenige in der Band war, die die Musik am ernstesten nahm und am meisten Antrieb mitbrachte», bilanziert Chisholm eines der erfolgreichsten Pop-Projekte der Neunziger. Die selbstbewusste Einschätzung wird durchaus von Kennern geteilt. Tatsächlich war Mel C die ruhigste des Quintetts.

Erfolgreiches Debüt

Mit weit weniger Medienrummel als die Kolleginnen, dafür aber sehr persönlichen und zuweilen sogar innovativen Songs hatte schon ihr Solo-Debüt «Northern Star» 1999 für Aufsehen gesorgt - und Kritiker ebenso überrascht wie Musikfans jenseits des Spice-Girl-Horizonts. Der Longplayer verkaufte sich 340.000 Mal, die Singles zusammen sogar 800.000 Mal.

Keine Spice-Girls-Reunion

Jetzt versucht Chisholm mit ihrem zweiten Album zu beweisen, dass der Erfolg kein Zufallstreffer war - und dass ein Comeback der Spice Girls kein Thema ist, wie sie kürzlich nach einem Treffen der Truppe unmissverständlich klarmachte: «Keine von uns ist an einer Wiedervereinigung interessiert. Ich schwöre es beim Leben meiner Mutter», hatte sie danach erklärt.

Die Single schoss bereits in die Top Ten

Die Sängerin hat die Songs mitgeschrieben, die von Marius De Vries produziert wurden, der zuletzt mit Annie Lennox, Madonna, U2 und Tina Turner zusammenarbeitete. Tatsächlich hat keines der zwölf Stücke richtige Schwächen, schon gar nicht handwerklicher Art. Auch ihre Stimme hat Melanie C weiterentwickelt, was besonders beim Titelsong «Reason» zu hören ist. Ihren mit dem Debütalbum zumindest vorgeprägten Stil blieb sie mit «Here It Comes Again» treu - die Single ist als erste Auskopplung bereits in die Top Ten der britischen Charts geschossen.

Wenig Aufregendes

Doch die Ausgereiftheit der Popnummern ist möglicherweise auch ihr Problem. Wer das erste Album schätzte, könnte enttäuscht sein. Versuchte die Sängerin noch bei ihrem Debüt, ausgetretene Pfade zu verlassen und nach dem Spice-Girl-Abenteuer die ungewohnten Freiheiten zu genießen - so beispielsweise mit dem Song «If That Were Me» - ist «Reason» wieder sehr viel weniger unkonventionell, weniger überraschend, weniger aufregend. Es scheint, dass das musikalisch erfolgreichste Ex-Spice-Girl und ihre Produzenten mit «Reason» auf Nummer sicher gehen wollten.

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