"Eh eh oh eh oh" – dem hallenden Chor, mit dem Bastille ihren Hit "Pompeii" eröffnen, konnte sich 2013 kaum jemand entziehen. Bis heute ist der Song der mit Abstand bekannteste der britischen Indie-Band. Für Frontman und Songwriter Dan Smith, der am Hochstapler-Syndrom leidet und auf keinen Fall berühmt werden wollte, sei der Erfolg zu Beginn verwirrend und peinlich gewesen, wie er immer wieder erzählt. Bei den ersten Auftritten musste er sehr viel Alkohol trinken, um sich auf die Bühne zu trauen. Das ist heute nicht mehr der Fall, von Routine ist der 36-Jährige aber immer noch weit entfernt. "Ich werde wirklich nervös und gut 40 oder 50 Prozent der Gigs sind für mich wie ein leichter oder intensiver Panikzustand", verriet er dem "Rolling Stone" vergangenes Jahr. Einige Dinge scheinen sich nie zu ändern – dazu zählt auch der unverwechselbare Sound von Bastille.
"Wir wollen den Bastille-Sound nicht neu erfinden" – aber trotzdem überraschen
Gegründet hat sich die Band 2010. Dan, der mit vollem Namen Daniel Campbell heißt, traf in einem Pub auf Schlagzeuger Chris "Woody" Wood. Wenig später kamen William "Will" Farquarson (Bass und Gitarre) und Kyle Simmons (Keyboarder) dazu. Die vier sind seit jeher gut befreundet. Der plötzliche Erfolg habe sie unvorbereitet getroffen – und zusammengeschweißt. "Wir stolperten gemeinsam dadurch", erinnerte sich der Frontmann in einem Podcast-Interview. Nach dem Durchbruch tourte die Band um die ganze Welt. Währenddessen arbeitete sie am zweiten Album. Damals sagte Dan Smith der BBC: "Wir wollen den Bastille-Sound nicht neu erfinden, aber wir wollen uns auch nicht wiederholen." Ein Motto, das sich seitdem durch die gesamte Band-Historie zieht.
Jedes der vier Alben zeichnet sich durch den charakteristischen Klang der Band aus: die Kombination aus poppigen Beats und melancholischen Texten. Lieder, die sich "aufmunternd anfühlen, aber dunklere Themen erforschen", wie es der Frontmann 2016 dem "Rolling Stone" beschrieb. Ebenso zieht sich der Einfluss aus der Film-Branche durch die Musik der britischen Band. Nicht nur sehen die Album-Cover wie Filmposter aus, auch die Texte sind gespickt mit Zitaten aus oder Verweisen auf bekannte Filme. Das liegt daran, dass Dan Smith, wie er selbst sagt, "ein richtig nerdiger Film-Fan" ist. Während das erste Album im Zeichen der Werke David Lynchs stand (der Song "Laura Palmer" ist beispielsweise eine Hommage an eine Figur aus der Serie "Twin Peaks"), geben auf dem vierten Album Science-Fiction-Streifen wie "Zurück in die Zukunft" das Thema vor.
Mixtapes und Orchester-Tour
Weil die Musiker aber gerne experimentieren und immer wieder überraschen wollen, finden sich über die Alben verteilt zahllose Einflüsse aus anderen Musikrichtungen. An einer Stelle gibt es plötzlich einen Rock-Song, an anderer Stelle einen klanglichen Ausflug in die 80er-Jahre oder einen Rap-Part. Parallel zu den Alben, die alle in sich geschlossen sind und jeweils einem Thema folgen oder eine Geschichte erzählen, brachte das Quartett eine Reihe von Mixtapes namens "Other Peoples Heartache" heraus. Auf den Platten sind Cover und Mash-ups diverser Songs aus der gesamten Musikgeschichte zu hören. In den Remixen landeten Klassiker wie "Would I lie to you?" ebenso wie aktuelle Tracks von Lana del Rey oder Taylor Swift.

Die wohl größte Überraschung, die die Band auf die Beine gestellt hat, war das "ReOrechestrated"-Projekt, bei dem Bastille ihre bisherigen Hits als Orchester-Versionen mit klassischen Musikern neu interpretierten. Der gleichnamige Dokumentarfilm erzählt die Geschichte hinter der aufwendigen Tour und befasst sich mit der Frage, was es braucht, um eine Band spannend zu halten. "Wie können wir selbst unsere loyalsten Hardcore-Fans überraschen?", lautet die Frage, die den umtriebigen Bastille-Frontmann von einem Vorhaben die in das Nächste stürzen lässt. Er wolle dem Publikum ständig neue Seiten zeigen, erzählt er in der Doku. Leider gehe manches davon unter: "Wir haben gelegentlich Momente im Mainstream, aber das ist nur die Spitze des Eisbergs von unserer ganzen Arbeit." Die wichtigsten und interessantesten Projekte schaffen es oft nicht an die Oberfläche, bedauert er.
Das kann man von "Pompeii" nicht behaupten. Das Lied hat sich inzwischen zu einem zeitlosen Song entwickelt – und war auch schon TikTok-Trend. Ein Song wie "Pompeii" altere nicht unbedingt, weil er heute noch genauso einzigartig klingt wie damals, resümierte Mark Crew, ein Musikproduzent, der von Anfang an mit Bastille gearbeitet hat, am Ende eines kürzlich erschienen MTV-Beitrags. Ein Musikexperte des Senders bezeichnet den Song, eine "Hitsingle, die sie bis ans Ende ihrer Tage spielen können", bereits jetzt als Vermächtnis der Gruppe. Pompeii werde Bastille überleben – egal was die nächsten zehn Jahre Band-Geschichte bringen.
Quellen: BBC, MTV, ReOrchestrated, "Rolling Stone" (I), "Rolling Stone" (II), Straight up-Podcast