Bob Dylan, der große alte Mann des Folk-Rock, hat mit "Modern Times" eine Alben-Trilogie abgeschlossen, die mit "Time Out of My Mind" (1997) und "Love And Theft" (2001) begann. Beide Alben wurden nicht nur hoch gelobt und für einen Grammy als "Album des Jahres" nominiert, sondern auch gut verkauft: jeweils mehr als eine Million Mal alleine in den USA. "Time Out of Mind" gewann die begehrte Musikauszeichnung Grammy 1998. Auch jetzt überschütteten die US-Kritiker bereits im Vorfeld das neue Album mit Lobeshymnen: Das US-Fachmagazin "Rolling Stone" gibt "Modern Times" fünf von fünf möglichen Sternen und schwärmt, es sei das "dritte Meisterwerk in Folge". Und das Magazin "Blender" lobt: "Verblüffend. Es strahlt die aufmerksame Ruhe der alten Meister aus, die genug vom Leben gesehen haben, um für alles bereit zu sein - Yeats, Matisse, Sonny Rollins".
Wehmütiger Abschied
Zehn neue Songs - die Texte alle original Dylan-Poesie - sind auf dem 44. Album seiner Laufbahn zu hören. Seine Band begleitet ihn bei seinen klassischen Instrumenten wie Keyboard, Gitarre und Mundharmonika, die er selbst einspielt. Ein bisschen an die früheren Dire Straits erinnert der gewaltige Einstiegssong "Thunder On The Mountain". Als leichte Liebesballade folgt "Spirit On The Water" mit wunderschönen E-Gitarren-Soli. Verzweifelt, ungeduldig und am Ende versöhnlich hört sich "Rollin' And Tumblin'" an, während "When The Deal Goes Down" Gänsehaut hervorruft und fast wie ein wehmütiger Abschied daher kommt.
Der 65-jährige Dylan hat sich Zeit gelassen für sein Studio-Album. Er hat aber auch alle Hände voll zu tun. In einem Alter, in dem andere nach fünf Jahrzehnten Karriere langsam an die Rente denken, hat der einflussreiche Musiker nicht nur ein eigenes Radioprogramm gestartet, sondern auch den ersten Teil seiner Autobiografie geschrieben. "Chronicles - Volume One" (2004) erzählt seine Anfänge als Sänger in New Yorks legendärem Greenwich Village-Club "Gaslight Cafe".
Im vergangenen Jahr kam der sehenswerte Dylan-Dokumentarfilm von Martin Scorsese "No Direction Home" heraus, in dem auch Zeitgenossen wie Joan Baez, Pete Seeger und Allen Ginsberg zu Wort kommen. Und genug Fans hat der alte Mann mit dem knittrigen Gesicht auch außerhalb seines Radio-Programms: Derzeit ist tourt er in den USA durch mittelgroße Baseball-Stadien.
Carla S. Reissman/DPA