Die Fantastischen Vier Vom Schulhof-Sound zum Qualitäts-Rap

  • von Nele Justus
"Treue bedeutet nicht, immer dazubleiben, sondern immer wiederzukommen." Das wissen auch die Fantastischen Vier. Mit ihrem neuen Album "VIEL" sind sie jetzt wieder auf Tour.

Nach fünf Jahren haben sich die Fantastischen Vier mit ihrem neuen Studioalbum "Viel" wieder zurückgemeldet und gleich mit der ersten Singleauskopplung "Troy" ihren Fans einen Liebesbeweis vermacht. Die Fans haben es ihnen gedankt. "Viel" stieg direkt auf Platz zwei in die Charts ein. Mit dem Album im Gepäck starten die Vier am 23. November ihre Deutschlandtour in Ingolstadt. Das letzte Konzert am 16. Dezember wird für die HipHop-Pioniere ein Heimspiel in der Schleyerhalle in Stuttgart. Auch ältere Songs aus den 15 Jahren Bandgeschichte werden die Fans der Fantastischen Vier auf der Tour nicht missen müssen. Denn eines sind sich die Bandmitglieder in all den Jahren immer geblieben – "troy".

Aller Anfang ist schwer

Lang ist es her, da zogen die Stuttgarter Michael B. Schmidt und Andreas Rielke, heute besser bekannt als Smudo und And. Ypsilon, als "Terminal Team" durchs Schwabenlande. Andy sorgte für die Beats und Smudo rappte – auf Englisch. In der Stuttgarter Musikszene bekannt, bekamen sie ziemlich schnell Zuwachs und aus zwei wurden vier: Thomas Dürr alias Thomas D. wurde der zweite Rapper im Bunde und Michael Beck, oder auch Hausmarke, stand an den Turn-Tables.

Auf einer Reise in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten mussten Thomas D. und Smudo feststellen, dass ihre Sprachkenntnisse doch etwas begrenzt waren. Ihre englischen Reime kamen dort einfach nicht so gut an wie die deutschen. Und so wurde die Entscheidung gefällt, von nun an nur noch in ihrer Muttersprache zu texten. Damit musste auch ein neuer Name für das Quartett her. Sie verabschiedeten sich vom "Terminal Team" und begeisterten 1989 zum ersten Mal als "Die Fantastischen Vier" ihr Publikum.

Der Durchbruch

Der Besitzer des Plattenladens, in dem Michi öfter mal nach neuen Scheiben stöberte, hörte ein Demotape der Vier, war begeistert, und wurde ihr Manager. Andreas "Bär" Lasker kümmerte sich von nun an nicht nur um ihre Auftritte, sondern besorgte ihnen auch ihren ersten Plattenvertrag bei CBS. Dort erschienen dann 1991 die erste Single und das erste Album. "Hausmeister Thomas D." und "Jetzt geht’s ab" schafften zwar einen Achtungserfolg in der Szene, größere Jubelstürme ließen jedoch noch auf sich warten. Und zwar bis "Die da!?!" aus dem 92er Album "Vier gewinnt" erschien. Der Song stürmte die Charts und wurde von Radiostationen rauf und runter gespielt. Wohl jeder Jugendliche konnte den Text mitsingen, und selbst Dieter Thomas Heck klatschte bei "Musik liegt in der Luft" zu dem Song verzückt in die Hände. "Bravo" feierte die Stuttgarter als neue Stars, und verliebte Mädchen belagerten die Studiotüren.

Von Null auf Hundert: nicht ganz einfach für die jungen Gemüter. Genervt vom Medienrummel und den kreischenden Fans verkrochen sie sich ins Studio und bastelten an einem neuen Album, mit dem sie ganz andere Seiten aufziehen wollten. Weg von dem Schulhof-Image hin zu mehr Ernsthaftigkeit. Und das gelang. Mit der "Vierten Dimension" zeigten die Stuttgarter ein ganz anderes Gesicht. Schwerfälligere Sounds und Texte machen das Album aus, das nicht bei allen Fans und Kritikern auf Beifall stieß.

Das ändert sich wieder mit der Erfolgs-Single "Sie ist Weg". Die erste Single-Auskopplung aus dem 95er Album "Lauschgift" versöhnte Fans und Kritiker gleichermaßen und bereitete für die Fantastischen Vier einen Weg des Ruhmes. Das Album bekam Platin, das Video zu "Sie ist Weg" einen "Echo", und für die "Lauschgift"-Tour wurde die Band als "bester nationaler Live-Act" mit einem "Viva-Cometen" ausgezeichnet.

Auf der Suche nach neuen Zielen

Ganz oben auf der Erfolgsleiter angekommen, stellte sich dann die Frage nach neuen Zielen und Aufgaben. "Nach oben buckeln, nach unter treten" – kein Motto der Fantastischen Vier. Sie wollten lieber den Nachwuchs fördern und gründeten ihr eigenes Label "Four Music". Nebenher machten sich die Bandmitglieder auf zu anderen Projekten. So groovte Smudo alsbald mit der Jazzkantine, Thomas D. ging mit "Rückenwind" eigene Wege und Michael Beck alias Hausmarke besang sein "Mädchen Nr. 1".

Rechtzeitig zum zehnjährigen Bandbestehen meldeten sich die Vier "mit freundlichen Grüßen" gemeinsam zurück. Das Album "4:99" schoss auf Anhieb auf Platz eins der Albumcharts, und "MfG" wurde zum Abschluss des Jahrtausends noch vergoldet. Auch das neue Jahrtausend begann für die "Fantas" mit einem Highlight. Der Sender MTV fragte an, ob sie nicht ein "Unplugged"-Album aufnehmen wollten. Sie wollten. Denn schließlich ist so ein Album eine große Ehre. Und nach Herbert Grönemeyer waren sie die erste deutsche Band, denen diese zuteil wurde. In einer Tropfsteinhöhle im Sauerland wurden die Sahnestücke ihres Repertoires mit einem 22-köpfigen Orchester eingespielt.

Ein langer Weg

Nach "Unplugged" ging jeder wieder eigene Wege. 2002 kam die Sprache dann aber doch auf ein neues Album. In Vorarlberg trafen sich die Mittdreißiger, um weit weg von allem bei gutem Essen, guter Musik und gutem Wein ihre Ideen auszutauschen. Dass es ein neues Album geben würde, war bald entschieden, nur über das "Wie" einigten sie sich nicht. Daher der Entschluss, sich bei einer gemeinsamen Tour erstmal wieder anzunähern. Zusammen mit den 22 Musikern aus der Tropfsteinhöhle machen sich die Vier auf Tour und wurden mit ihren Highlights wie "Tag am Meer" oder "Jetzt geht’s ab" überall gefeiert.

"Viel", das diesen September in die Plattenläden gekommen ist, hat auch viel Zeit in Anspruch genommen. Das Ergebnis zeigt aber - es hat sich gelohnt. Und das wird ihnen die "troye" Fanschar danken, wenn sie ab heute wieder auf ihrer Tour das deutsche Land bereisen.

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