Herr O'Brien, in den vergangenen Monaten gab es Meldungen, dass Sie als Co-Produzent beteiligt sind an einer Neuverfilmung der "Rocky Horror Picture Show"?
Die Fernsehsender MTV, Fox und Sky Television wollen die Geschichte neu auflegen - und der Produzent Lou Adler hatte die Unverschämtheit, mich als Co-Produzenten anzukündigen. Dabei habe ich mit diesen Leuten niemals in einem Raum gesessen. Ich weiß noch nicht einmal, welches Drehbuch sie benutzen werden - ein neues oder unser altes? Die wollten das so aussehen lassen, als hätten sie meinen Segen. Diese Arroganz! Die können mich mal!
Glauben Sie, dass es nach Tim Curry noch einen neuen Frank'n'Furter geben kann?
Ach, ich will nicht irgendwelche unschuldigen Schauspieler gegeneinander ausspielen. Die können sich mit den politischen Ränkespielen nicht auskennen, die es zwischen mir und dem Produzenten Lou Adler nun einmal gibt. Diese Schauspieler würden meinen Rat ja vielleicht sogar schätzen. Aber ich fürchte, den kann ich ihnen nicht geben, solange mich Adler nicht besser behandelt. Verdient hat bisher vor allem er an Rocky Horror - dabei habe ich das Ding geschrieben und den Diener RiffRaff im Film gespielt. Solange Adler mir keine besseren Konditionen anbietet, gibt es für mich überhaupt keinen Grund bei seinem Spiel mitzumachen. Also: Fuck him! Das ist meine Meinung.
Es ist also ein reiner Zufall, das Ihr Bühnenstück jetzt Ende Oktober in Berlin neu aufgeführt wird - und Gerüchte um eine Neuverfilmung bekannt werden?
Ja, das ist ein Zufall. Wir haben schon länger eine neue Bühnen-Produktion geplant. Ich war nicht mehr glücklich mit den Aufführungen in den vergangenen Jahren. Aber meine Meinung hat lange niemanden mehr interessiert. Dabei habe ich das verdammte Ding schließlich geschrieben, um Himmels Willen!
Was hat Sie denn so gestört an den Aufführungen?
Einige waren wirklich billig und einfach widerlich, ehrlich gesagt. In meinem Stück geht es um sexuelles Verlangen, um neckische Spielchen. Der einzige, der Sex haben darf, ist Frank, und das auch nur in zwei Szenen mit Brad und Janet. Aber in den neuen Versionen wurde das Ganze kindisch und lüstern, jeder betatschte jeden. Und ich durfte nicht sagen: Nein, ich will nicht, dass Brad aus dem Hintern von Frank Perlen herausfummelt. Ich habe nichts gegen Sex and Drugs and Rock'n'Roll. Aber das war einfach nur noch peinlich.
Trauen Sie dem Regisseur Sam Buntrock zu, dass er das Musical nach Ihren Vorstellungen wiederbelebt?
Er bringt eine neue Perspektive mit, ohne dabei gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten. Immerhin gibt es für die "Rocky Horror Show" ein Drehbuch. Wenn man ein Bild anschaut oder ein Gedicht nach längerer Zeit wieder liest, sieht man häufig ganz neue Seiten an Altbekanntem - das passiert mir im Moment, wenn ich meine Dialoge lese.
Was entdecken Sie da?
Die Geschichte funktioniert auch als Parabel auf den Verfall der amerikanischen Vorherrschaft. Brad und Janet repräsentieren dabei den amerikanischen Traum: Sie heiraten als diese jungen, gesunden Kids - und dann rennen sie schnurstracks in eine unsichere Zukunft und mit aller Sicherheit ist es vorbei. Das habe ich in den 70er Jahren so sicher nicht gesehen.
Warum wird die neue Produktion in Berlin Premiere haben?
Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Aber ich mag Berlin, es ist eine Stadt mit Groove. Ich erinnere mich, wie ich damals nach der Maueröffnung nach Ost-Berlin gegangen bin und den ganzen Schmutz an den Häusern "Unter den Linden" gesehen habe. Ich habe mich damals gefragt: Konnten die im Sozialismus noch nicht einmal die Fassaden reinigen? Aber die Stadt ist cool, ich mag Berlin.
Glauben Sie, dass die "Rocky Horror Show" die Internet-Generation ebenso faszinieren kann wie die Fans in den 70er und 80er Jahren?
Wenn man eine Geschichte mit Witz und Musik kombiniert, und die Dialoge zünden noch an der richtigen Stelle, und die Spannung steigt - das funktioniert immer. Über Komödien von Ben Johnson lachen Leute heute noch, 400 Jahre, nachdem sie geschrieben wurden.
Sie haben eine Zeitlang auch im britischen Fernsehen eine Spieleshow moderiert: "The Crystal Maze", in der Teams sich durch Abenteuerspiele in einem Labyrinth quälen mussten. Was halten Sie von den neuen Formen des Reality TV, von "Big Brother" und Sendungen wie "Ich bin ein Star, holt mich hier raus"?
Ich mag dieses ganze Getue um das Konzept von Andy Warhols Fünfzehn-Minuten-Ruhm-für-alle nicht. Ruhm und Reichtum sind Huren. Sie mögen mit dir eine Weile die Straße herunter laufen, und dabei sagen: Hey, wir haben doch Spaß miteinander. Aber an der nächsten Ecke sind sie plötzlich weg, und du bist out und das war dein großer Moment für den Rest deines Lebens. Und das ist ein verdammt furchtbarer Ort, an dem man sich plötzlich wiederfindet.
Haben Sie sich verändert in den Jahren seit dem ersten Erfolg von der Rocky Horror Show?
Ich bin heute viel entspannter geworden. Ich lasse mich jetzt das sein, was ich bin. Ich brauche die Anerkennung anderer Leute nicht mehr - fuck them!
Werden Sie die Premiere in Berlin feiern?
Klar! Ich habe zwar noch kein Kostüm, aber ich werde da sein. Es wird eine ordentliche Party werden!