Dass ihm das Comeback als Solo-Künstler gelingt, hätten Kritiker vor seiner ersten Platte der Post-Oasis-Ära nicht gedacht. Es gelang - und nun legen Noel Gallagher und seine High Flying Birds drei Jahre später mit "Chasing Yesterday" nach. Im März spielt Gallagher live in Berlin und Düsseldorf.
Noel Gallagher's High Flying Birds ist der Name des Solo-Projekts von Noel Gallagher, einem der beiden Frontmänner der früheren Brit-Pop-Band Oasis. Gallaghers erstes Album nach Oasis kam bei den Fans gut an, sein einziges Deutschland-Konzert nach Erscheinen der Platte war ausverkauft. Und das, obwohl - oder gerade weil - Kritiker meinten, dass Gallagher, der eigentlich nie alleine auf der Bühne stehen wollte, auf seinem ersten Longplayer nicht viel Neues zustande gebracht hatte. Gallagher ist eben ein ungeheures Songwriting-Talent, das in seiner Komfortzone stecken geblieben ist - wie es der "Guardian" treffend beschreibt.
Man hört den Oasis-Sound
Und auch auf der neuen Platte "Chasing Yesterday" hört man den Oasis-Sound: Er ist gitarrenlastig - mal clean, mal verzerrt -, emotional in den Refrains, mit Melodien, die ins Ohr gehen. Stets ist da der Anflug von Rock, der fast immer Pop bleibt. Die Songs textete und komponierte Gallagher alle selbst und dieses Mal produzierte er sie auch, weil sein ehemaliger Produzent anderweitig beschäftigt gewesen sein soll, heißt es.
Das Produzieren sei ein ganz schöner Krampf gewesen, sagt der Musiker. Geklappt hat es ja trotzdem: Der erste Song "Riverman" ist für Gallagher der vielleicht beste, den er je geschrieben hat. Ganz in alter Rockermanier beginnt er mit stummen Saitenanschlägen, das Solo übernimmt zum Ende hin ein Saxophon. "Lock All The Doors" bringt Tempo, der Sound ist schmutziger, die Riffs schneller. Zum Lieblingshit für Oasis-Nostalgiker könnte "The Dying Of The Light" werden: das Klavier scheint die Töne zu tupfen, dann werden im Refrain nicht nur die Instrumente stärker, Gallagher singt auch energischer. Diese Steigerungen beherrscht er, Hymnenpotenzial.
Unverkennbare Stimme
Wer auch Oasis geliebt hat, wird auch diese Platte lieben. Gefallen wird sie sicher auch Fans von anderen Brit-Poppern wie The Verve, Blur oder Supergrass. Die Songs übertreffen keine Erwartungen, erfüllen sie aber verlässlich. Bei den zehn Songs ist daher auch für diejenigen etwas dabei, die genervt sind von zu komplizierten Liedstrukturen, Synthesizer-Gefrickel oder wechselnden Stimmungen auf einer Platte.
Neben ständig wiederkehrenden Gitarrensoli (bei "Ballad Of The Mighty I" ist es auch The-Smiths-Gitarrist Johnny Marr, der spielt) und teils klischeeig-schmalzigen Textpassagen (über Glühwürmchen oder zerspringende Herzen), muss man aber auch die Stimme von Noel Gallagher hören wollen. Denn die ist so unverkennbar und drängt sich stets auf, da kann der Song ("The Right Stuff" etwa, ein jazziges Stück) noch so experimentell sein.