Zehn Jahre hat sich Peter Gabriel Zeit gelassen, seinem zehnten Soloalbum »Us« den elften Streich folgen zu lassen. Bei »Up« trifft eine allzu oft bemühte Floskel zu: Das Warten hat sich gelohnt. Gabriel hat die lange Schaffensperiode damit erklärt, dass er nun mal so fürchterlich langsam sei und zudem lieber im Studio Musik mache als Alben veröffentliche. Elf Lieder aus seinem inzwischen riesigen Fundus haben es auf »Up« geschafft.
Das mehr als 70 Minuten lange Werk beginnt mit »Darkness« äußerst sperrig: Gabriel singt über die Angst, im Meer zu schwimmen und das Wandern im finsteren Urwald seines Ichs. Dort findet er das Monster, das er einst war, friedlich wie ein Baby auf dem Boden schlafend: »When I allow it to be/ it has no control over me/ I own my fear/ so it doesn't own me« - das lyrische Ich hält auf diesem Album an mehreren Stellen brillante dialektische Monologe.
Gabriel hat den Prozess des Selbst-Bewusst-Werdens in Musik gefasst: Sexualität (»Growing Up«), Liebe und Verlust (»Sky Blue« und »No Way Out«, das erst »Dont Leave Us« heißen sollte), Trauer (»I Grieve«) bilden die thematischen Schwerpunkte, Tod ist das Überthema: »Did I dream this belief?/ or did I believe this dream?/ now I will find relief/ I grieve«, singt er über die Fassungslosigkeit, einen geliebten Menschen zu verlieren, als Lebender übrig zu bleiben. Und er findet die spirituelle Gewissheit, dass es »More Than This«, mehr als die materielle Welt gibt.
»Up« ist ein Album mit Ansprüchen an den Hörer und ragt wie ein Fels aus dem Strom der Massenware zur musikalischen Berieselung, in dem sich Phil Collins und Genesis tummeln. Gabriel setzt konsequent den Weg fort, den er 1975 mit dem Ausstieg aus der bis dahin progressiven Gruppe eingeschlagen hat.