Trail of Dead Opus Magnum auf Texanisch

Es kommen auch noch gute Dinge aus Texas: Die Band ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead gehört definitiv dazu. Ihr neues Album nimmt den Kampf gegen die Rock-Klischees dieser Welt auf.

Wer einmal live bei einem Konzert von Trail of Dead dabei war, weiß: Es ist ein Kampf. Ein Kampf, die Emotionen auszuhalten, die diese Band hemmungslos versprüht wie andere Rockbands markige Sprüche.Ein Kampf auch physisch: Am Ende mit trockener Oberbekleidung und heiler Haut herauszuschleichen ist ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man als Zuschauer ernst genommen werden will. Erst wenn Conrad Keely, Jason Reece und Kevin Allen am Ende ihre Instrumente bis auf den letzten Holzspan zertrümmert haben, ist die Zeit gekommen, um waidwund und glücklich nach Hause zu gehen.

Opulente Prog-Rock Schlacht

Längere Zeit war es ruhig geworden um das Trio aus Austin/Texas, das mit dem letzten Album "Source Tags and Codes" einen Meilenstein in die jüngere Musikgeschichte gerollt hatte. Doch damit hatten sie den Fans noch längst nicht den heiligen Gral auf dem Präsentierteller serviert. Das zeigen sie jetzt mit "Worlds Apart", ihrem just vollendeten Opus Magnum.

Sich einzelne Songs herauszupicken, wäre eine Sünde, angesichts der Opulenz, die Trail of Dead hier ausbreiten. Die Ritter des Prog-Rock werfen sich todesmutig ins Schlachtengetümmel und fürchten sich nicht, schon mit der ersten Nummer in düstere Gefilde hinabzusteigen. Chöre und Streicher evozieren den Nebel der Hölle, durch den Trail of Dead gegen die Geister der Top 40 Alternative-Bands antreten. Denn die liefen in der Rotation des Austiner Lokalsenders, den Sänger Keely beim Songschreiben laufen ließ: „Sie haben mich inspiriert, weil ich hinterher genau wusste, wie unser Album auf keinen Fall klingen soll.“

Hilary Hahn: Gaststar an der Fidel

Trail of Dead haben eben all das nicht nötig, was viele Rockerkollegen mit sich herumschleppen: Die Posen, die Wehleidigkeit, dieses „irgendwie retro“ klingen wollen. Sie verlassen sich auf ihr musikalisches Gedächtnis, in dem die Siebziger einen immer größeren Teil der Synapsen zu besetzen scheinen. Und das klingt keineswegs angestrengt, sondern oft erfrischend schlicht wie beim Titelsong "Worlds Apart", mal großartig eskapistisch wie bei "Summer of '91", und teils schrammen sie sogar hart an den Grenzen des Kitsches entlang, wie bei "All White", mit einem dicken Schuss Chorgesang. Überhaupt werden Überraschungsmomente ganz groß geschrieben: Schwimmt man bei "Let it Dive" noch im soliden Indierock, kommt im nächsten Moment der Instrumental-Einschub "To Russia my homeland" mit Violinistin Hilary Hahn um die Ecke. Auch Rocker naschen eben manchmal gern am Zuckerguss.

Es existiert also wirklich, das Leben jenseits von Stagediving und Designer-Punks. Trail of Dead halten die Lanze hoch - möge die Inspiration noch lange mit ihnen sein und sie noch viele solcher Alben produzieren lassen.

Antje Scholz

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