"Bauer sucht Frau" Vorsicht, lüsterner Landwirt!

  • von Peer Schader
"Bauer sucht Frau" ist derzeit eine der erfolgreichsten Sendungen im deutschen Fernsehen - aber auch eine der gemeinsten: Woche für Woche stellt sie ihre Hauptdarsteller bloß, ohne ein einziges Wort verlieren zu müssen. Am Montag haben wieder acht Millionen zugesehen.

Als die Bauern alle schon geschlafen haben, ist Inka Bause nochmal wieder gekommen und hat erklärt, wieso derzeit Woche für Woche acht Millionen Menschen ihre RTL-Sendung "Bauer sucht Frau" sehen wollen. Im RTL-Magazin "Extra" hat sie gesagt: "Viele gucken das, machen sich vielleicht auch lustig, aber eigentlich ziehen sie den Hut vor den Bauern und denken: Die sind glücklich, und wir sitzen hier zwischen einem Beamer, drei DVD-Rekordern, fünf Handys und sind gar nicht so glücklich."

So einfach ist das also. Immerhin ahnt man jetzt, dass Bause die lächerlichen Moderationstexte, die sie in ihrer Kuppelshow aufsagen darf, vermutlich selbst schreibt.

Unbestritten ist: "Bauer sucht Frau" gehört momentan zu den erfolgreichsten Sendungen im deutschen Fernsehen - und, das darf man nicht vergessen, zugleich zu den gemeinsten. Keiner hat was dagegen, wenn sich zwei Menschen begegnen, die prima zueinander passen. Und wenn sie niemand anderes als das Fernsehen hat zusammenführen können - sei's drum. Zum großen Teil funktioniert die Attraktion "Bauer sucht Frau" aber auch dadurch, dass sie ihre Kandidaten bloßstellt und auf den Arm nimmt, ohne ein einziges Wort verlieren zu müssen. "Bauer sucht Frau" schweigt, wenn seine Protagonisten sich vor der Kamera blamieren, verzichtet auf jeden fiesen Kommentar. Und stellt die Peinlichkeit dadurch nur noch stärker heraus.

Und dann besteigt der Bulle die Kuh

Als Landwirt Markus in der aktuellen Folge seine Herzensdame Silke auf den Hof holte, lief im Hintergrund schon mal vorbereitend der Song "Shut up and sleep with me". Markus hat seinem Gast das Schlafzimmer gezeigt, und RTL einen Satz von ihm aus einem Interview nachgeschoben: "Ich hätte gehofft, dass sie sagt: Komm, das Bett ist groß genug, wir können uns zusammen reinlegen." Danach zeigte RTL einen Ausschnitt, in dem ein Bulle eine Kuh besteigt. Als Bauer Bruno schweren Herzens seine Anja verabschieden musste, in die er sich ziemlich verknallt hat, hatte der Sender einen Ausschnitt parat, in dem zwei Rinder miteinander züngeln.

"Die meisten gehen gar nicht so gern ins Fernsehen", sagt Inka Bause über ihre Landwirte. "Die sehen das als Opfer, um doch noch die große Liebe zu finden." Ob sie das selbst verstanden hat? Bei RTL bedeutet dieses Opfer offenbar, sich auch mal mit Rindern vergleichen zu lassen, die kurz vor der Besamung sind. Komisch, dass die Kandidaten nicht laut losjubeln, wenn sie da mitmachen sollen und öffentlich zur Schau stellen, wie sie um eine Lebenspartnerin werben, wenn man sich am Ende doch nur über sie lustig macht.

Es ist unwahrscheinlich, dass die Moderatorin das nachvollziehen kann. Bause sieht sich als romantische Retterin der Einsamen vom Lande, wippt für ihre kurzen Moderationen mit Dreivierteljeans, feschen Gummistiefeln und zurechtgezupfter Kurzhaarfrisur vor malerischer Bauernhofidylle auf und ab und hat mit dem ganzen anderen Mist nicht viel mehr zu tun, als die gedrehten Bilder aus dem Off zu kommentieren.

Die Quoten

8,07 Millionen Zuschauer wollten am Montag "Bauer sucht Frau" auf RTL sehen. Nur "Wer wird Millionär" hatte mehr Zuschauer - dafür kann Moderatorin Inka Bause mehr junge Zuschauer vorweisen: 25,5 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-jährigen Zusehern ist für RTL ein fantastisches Ergebnis. Pro Sieben schaffte parallel dazu mit dem ersten Teil der "Schatzinsel" ebenfalls sehr gute 19,9 Prozent. Insgesamt sahen 3,91 Millionen zu.

Dschungelshow für paarungsbereite Städterinnen

Viel Arbeit kann das nicht sein, die Texte sind seit drei Staffeln dieselben: "Gemeinsam genießen sie die schöne Aussicht", "Liebe allein reicht auf Dauer nicht", "Den beiden fällt der Abschied sehr schwer". Bei RTL kann offenbar jeder Grundschüler Texter werden, Hauptsache er kriegt vollständige Hauptsätze hin - und lässt sich von der vorgeschriebenen Attributitis anstecken, die aus echten Menschen Fernsehkarikaturen macht: den humorvollen Pfundskerl, den raubeinigen Rinderwirt, den liebevollen Schweinebauern.

Dass manche der Kandidaten eigentlich keine Frau fürs Leben suchen, sondern eher eine Arbeitskraft, mit der man praktischerweise gleich verheiratet sein könnte, lässt RTL unkommentiert und schämt sich auch nicht dafür. Keine Frage: Im besten Fall verlieben sich in dieser Sendung tatsächlich zwei und werden miteinander glücklich. Aber manchmal ist "Bauer sucht Frau" eben nur eine Art Dschungelshow für paarungsbereite Städterinnen, in der ausgemistet werden muss, die störrische Ziege ausgeführt und die Gülle mit dem Traktor zur Biogasanlage gefahren. Mal sehen, wer sich als erstes blamiert.

Es fällt schwer, RTL diesen Erfolg zu gönnen - denn die acht Millionen, die gerade montags zusehen, werden Konsequenzen haben. Im Frühjahr hat der Sender bereits "Schwiegertochter gesucht" ausprobiert, das nach exakt demselben Muster funktioniert wie "Bauer sucht Frau", nur dass Vera Int-Veen statt Inka Bause moderieren durfte. Und vor kurzem lief am Sonntagabend testweise "Papa gesucht". Das wird noch mehr werden, bis irgendwann alle RTL-Zuschauer unter der Haube sind. Es ist zu befürchten, dass das ein Weilchen dauert.

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