Mit "300" bewies Regisseur Zack Snyder, wie sich stilisierte Formen mit einer actionreichen und epischen Geschichte verbinden lassen. Auch der düstere und pessimistische Film "Watchmen - Die Wächter" (2009) ist formal eindrucksvoll. Er wurde mit größter Nähe zum Morbiden der legendären Comicvorlage und zu den moralischen Fragwürdigkeiten der Superhelden umgesetzt. Die Frage, die sich jetzt auch in der ProSieben-Free-TV-Premiere stellt, ist: Wie sähe die Welt aus, wenn es diese Superhelden wirklich gäbe? Gut eine halbe Million Zuschauer kennen die Antwort bereits aus den deutschen Kinos.
Von den "Watchmen" besitzt übrigens nur Dr. Manhattan echte Superkräfte: Nach einem Atomunfall ist er Herrscher über Materie, Raum und Zeit. Billy Crudup spielt dieses gottgleiche Wesen in schimmerndem Blau. Pate für den Film stand das gleichnamige 80er-Jahre-Kultcomic, das vom "Time"-Magazin zu den 100 besten Büchern des 20. Jahrhunderts gezählt wurde. Diese alternative Welt ist zwar erschreckend, aber auch nicht schlimmer als die Angst einflößende Realität der 80er-Jahre am Rande des Atomkriegs, um die es im Grunde geht.
Außenseiter als wahre Helden
So finster die Zeiten, so düster sieht es auch bei den fünf Superhelden aus. Einer von ihnen ist tot - The Comedian (Jeffrey Dean Morgan), dem allerdings niemand eine Träne nachweint. Der Mann war ein Meister darin, den Zweck drastische Mittel heiligen zu lassen. Ein Vergewaltiger, ein Mörder, ein Sadist.
Trotzdem beginnt der Außenseiter Rorschach (Jackie Earle Haley), auf eigene Faust zu ermitteln, und spürt die restlichen maskierten Helden auf. Dem Mörder kommt er dabei zwar zunächst nicht auf die Spur, aber er bringt all die Geheimnisse und Ängste ans Tageslicht, die von den allzu menschlichen Helden so gerne vergraben worden wären.
Regisseur Snyder akzeptiert die Komplexität der Vorlage und setzt sie akribisch um. Mit all den drastischen Bildern und derselben expliziten Darstellung, die normalerweise nur gezeichnet werden kann. Bilder und Bildfolgen, Dialoge, die Dramaturgie der Vorlage - es ist, als würden von unsichtbarer Hand ganze Seiten auf der Leinwand weitergeblättert. Natürlich ist diese Art des Filmerlebnisses eine Herausforderung. Hier wird, wie in der Graphic Novel, zwischen den Zeiten gesprungen, es werden Perspektiven gewechselt, der Fokus auf einzelne Figuren verschiebt sich.
In ausführlicher Trostlosigkeit lässt Snyder die Watchmen suchen - in ihren dunklen Ecken, nach ihren Ursprüngen, nach Erlösung. Eine Erlösung, die auch die gesamte Menschheit nötig hat und für die Opfer gebracht werden müssen.