ARD-Moderatorin Anja Reschke "Journalistinnen werden gerne auf sexueller Ebene angegangen"

Nach ihrem "Tagesthemen"-Kommentar gegen rechte Hetzer wurde ARD-Moderatorin Anja Reschke mit Hass-Mails überhäuft. In einem Interview spricht sie über die extreme Situation für Frauen im Journalismus.

In einem vielbeachteten Kommentar für die "Tagesthemen"  forderte ARD-Moderatorin Anja Reschke dazu auf, Haltung gegen rechte Hetzer zu zeigen. Anschließend erhielt sie zahlreiche Hass-Mails und wurde im Internet wüst beschimpft. In einem Interview mit dem Magazin "Journalistin" spricht Reschke jetzt über die besondere Situation für weibliche Journalisten. Diese sähen sich häufig sexualisierten Verbal-Übergriffen ausgesetzt.

"Man versucht gern, uns zu erniedrigen", sagt Reschke. "Es wird einem entweder Vergewaltigung angedroht oder man wird als Schlampe beschimpft." Gespräche mit Kolleginnen wie Dunya Halali hätten den Eindruck bestätigt, dass Frauen im Journalismus gerne auf der sexuellen Ebene angegangen werden. Das habe für Reschke viel damit zu tun, dass Leute, die sowieso über das, was gesagt wird, wütend sind, sich noch weniger etwas von einer Frau sagen lassen wollen: "Da spielen vielleicht alte Machtmuster eine große Rolle."

Was die Reaktionen der Zuschauer im Allgemeinen angeht, wünscht Reschke sich mehr Dialog und weniger Starrsinn: "Die Argumentationen sind so fest gemauert, man dringt überhaupt nicht mehr durch. Viele verweigern sich Fakten, sie wollen sich gar nicht auseinandersetzen, sondern nur ihre Meinung loswerden."

"Wir befinden uns noch in einer extremen Phase"

Zur umstrittenen Gewichtung der Berichterstattung in der Flüchtlingskrise sagt Reschke: "Wir befinden uns nach meiner Einschätzung zur Zeit noch in einer extremen Phase: Die 'Mitte' bei den Bürgern oder auch der Politik, die sich vielleicht noch nicht positioniert hat, kommt medial nicht vor. Ich habe aber das Gefühl, es fängt gerade an, sich zu sortieren."

Grundsätzlich sei es die Aufgabe von Journalisten, das zu berichten, was passiert: "Also etwa auch, wenn es zu Krawallen in Flüchtlingslagern kommt. Man darf diese Themen nicht tabuisieren, aus Angst Ressentiments zu bedienen. Die müssen von Journalisten besetzt werden, sonst benutzen sie nur die Rechten und Medien verlieren ihre Glaubwürdigkeit."

tim

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