Larry King, der CNN-Dauertalker, ist alt und grau geworden - schon längst lockt er nicht mehr so viele Zuschauer an wie einst im Mai. Christiane Amanpour, die aparte und weltberühmte Kriegsreporterin, verlässt ihren Sender ausgerechnet zum 30. Jubiläum und geht zum Konkurrenten ABC.
Und auch mit den Quoten ist es bei CNN längst nicht mehr, wie es einmal war - immer häufiger liegt im Heimatland USA der rechtslastige Widersacher Fox News vorn. So schnell kommen heute Fernsehsender in die Jahre.
Es ist nicht lange her, da war keine Superlative gut genug für CNN: Der Sender, der die TV-Nachrichten neu erfand. Der Sender, der erstmals "Krieg live" in die Wohnstuben flimmern ließ. Überhaupt: Der erste Sender, der 24 Stunden nonstop Nachrichten brachte.
"Eine Revolution", wie Medienwissenschaftler einhellig meinen. Am 1. Juni 1980 ging CNN (Cable News Network) erstmals über den Sender - längst machen Nachahmer zu Hause die Führungsrolle streitig. Aber wie meint Firmengründer Ted Turner? "Nachgeahmt zu werden, ist für viele von uns das größte Kompliment."
Es war die Nacht zum 17. Januar 1991, als sich der Sender ins Bewusstsein des globalen TV-Zuschauers katapultierte. "Es tut sich was am Himmel von Bagdad", waren die ersten Worte des Reporters Bernie Shaw. "Der Himmel über Bagdad ist hell erleuchtet." Da begann ein Bombenkrieg im Nahen Osten - und Millionen TV-Zuschauer weltweit war direkt dabei; hautnah.
Niemand, der moderne TV-News machen wollte, konnte mehr hinter CNN zurück. Der Anspruch der Zuschauer an Fernsehnachrichten hatte sich über Nacht verändert. "Es genügt nicht mehr, darüber zu reden. Wir müssen die Nachrichten zeigen", meinte Steve Friedman, Ex-Produzent bei CBS neidlos.
Ted Turner, heute 71, gründete sein Imperium auf dem maroden Geschäft mit Werbetafeln, das er vom Vater geerbt hatte. Als Turner 1980 seine 24-Stunden-News-Idee umsetzte, erntete er zunächst ein mildes Lächeln. Auch damit löste er eine Medien-Revolution aus, deren Tragweite 30 Jahre später vielen kaum mehr bewusst ist. "Vorher musste man sich vor die Glotze setzen, wenn es Zeit war", so Friedman. Nachrichten gab es morgens und abends. "Jetzt gibt es Nachrichten zu jeder Zeit."
Nachrichten rund um die Uhr und alles live - die "CNN-Revolution" sollte auch das Verhältnis von Medien und Politik nachhaltig beeinflussen. Medienforscher sprechen vom "CNN-Effekt": Die Sender sind derart hautnah an den Ereignissen, transportieren ungefiltert Propaganda- und Gegenpropaganda, dass sie selbst zum Teil des Geschehens werden.
Vor allem die Berichterstattung im Irakfeldzug 2003, als "embedded" CNN-Journalisten (und andere) gemeinsam mit US-Truppen vorrückten, lieferte Beispiele von "Hurra-Journalismus" - hautnah dabei sein verringert eben auch den Abstand.
Weiterer Aspekt des "CNN-Effekts": Die Macht der Bilder, permanent und global verfügbar, kann Regierungen zum Handeln zwingen. Eine oft beklagte Schattenseite: Erst wenn die Kameras ihren Blick auf etwas richten, wird es wirklich wahrgenommen.
"Die UN-Mitglieder werden erst aktiv, wenn die Medien berichten. Stimmungen der Öffentlichkeit sind so stark, dass die Arbeit der UN untergraben und staatsmännische Entscheidungen fast unmöglich werden", klagte der ehemalige UN-Chef Boutros Ghali. Wenn keine Kameras der großen TV-Sender dabei sind, schaut die Welt im wahrsten Sinne des Wortes nicht hin.
In über 200 Ländern wird CNN derzeit empfangen, Experten sprechen von "potenziell" bis zu 1,5 Milliarden Zuschauern, es gibt CNN in Spanisch und Türkisch, plus ein erstklassiges online-Angebot. 1996 verkaufte Turner sein Imperium für 7,4 Milliarden Dollar an Time Warner.
Längst hat CNN im eigenen Land lästige Konkurrenz, vor allem gegenüber den stramm rechts ausgerichteten Fox News hängt es in den Quoten - und den Einnahmen - immer häufiger hinterher. "The most trusted name in news", nennt sich CNN noch heute - Spitzenplatz in Sachen Vertauenswürdigkeit wird dem Sender in Umfragen nach wie vor bestätigt.
Turner selbst bedauerte es unlängst ganz offen, dass er mit dem Verkauf die Führung aus der Hand gegen musste. Dem engagierten Umweltschützer, der schon mal eine Milliarde Dollar für die Vereinten Nationen spendete, ist vor allem der steigende Anteil "seichter Themen" ein Dorn im Auge. Was er sich wünsche für die Zukunft von CNN, wurde er jüngst gefragt. Antwort: "Ich würde gerne ein bisschen mehr internationale Nachrichten sehen".