"Ich muss Sie leider enttäuschen, wir machen genauso weiter wie bisher." Dieser Satz von Heidi Klum am Ende des gestrigen GNTM-Finales ist bemerkenswert. Stoisch ignoriert die selbsternannte Modelmama sämtliche Kritik an ihrer Show - und an sich selbst. Chuzpe würde man es im besten Falle nennen. Doch in Wahrheit ist ihr Verhalten eine schamlose Unverschämtheit – und eine dreiste Umkehr der Realität.
Die Klum lässt sich stundenlang für Diversität feiern. Dass sie in der Live-Final-Show von "Germany’s Next Topmodel” auf die Vorwürfe von Youtuber Rezo eingehen würde, damit hatte niemand wirklich gerechnet. Der hatte in einem Video mit dem Titel "GNTM Exposed: Mi$$brauch, Lügen und Minderjährige" zahllose Beispiele für die Sexualisierung Minderjähriger aus verschiedenen Staffeln GNTM aneinandergereiht. Aber dass sie die Kritik ins Gegenteil umkehren würde und damit alles ignoriert, was in dieser Show seit Jahren schiefläuft, hat trumpeske Züge.
Heidi Klum feiert sich im GNTM-Finale für Diversität
GNTM sei ein leuchtendes Beispiel für Offenheit und Vielfalt. So die Klumsche Theorie. Als Beispiel führt sie die Models an, die in dieser Staffel neu waren und tatsächlich etwas Farbe in die Einfältigkeitsriege aus langen Beinen und weißer Haut gebracht haben: dicke, kleine und ältere Frauen. "Nicht jeder steht dem Thema Diversity so offen gegenüber wie ich", sagt die Klum in einem Einspieler stolz. Doch um einen ehemaligen Bundeskanzler zu zitieren: "Wichtig ist, was hinten rauskommt." Und da besteht erheblicher Nachholbedarf.
Alles Bunte bleibt Staffage
Denn erneut hat eine Kandidatin gewonnen, die eben nicht "anders" ist, wie es Klum formulierte. Sondern die dem gängigen Schönheitsklischee entspricht. Die vielfältigen Models, sie sind am Ende nur Staffage. Eine Farce mit buntem Anstrich. Und eine vertane Chance.

Doch Klum verteidigt den angeblichen Wandel in ihrer Show trotzig. Sie scheint tatsächlich zu glauben, was sie erzählt. "Wir alle haben uns in Heidi Klum" getäuscht, schreibt stern-Autor Micky Beisenherz süffisant und ironisch auf Twitter. Für ihr Paralleluniversum liefern die Kommentare die passende Erklärung: In der weißen, mittelalten Frau lebt ein weißer, alter Mann, der raus will. Dass sie das selbst nicht zu erkennen vermag und der Sender ProSieben sie gewähren lässt, ist traurig.
Am Ende ist die bittere Wahrheit: Bloß nicht zu viel Veränderung. "Wir machen genauso weiter." Dumm statt Diversity. Zumindest bis keiner mehr einschaltet. Vielleicht dauert das gar nicht mehr so lange.