Sarah und Pietro auf RTL2 Das Thema ist abgehackt

Von Ingo Scheel
Der zweite Akt der "ganzen Wahrheit" um die einstigen Traumpaar-Darsteller buchstabiert Redundanz völlig neu. Sarah geht auf Ochsentour: Beichten bei den Großeltern, Käffchen mit Muttern und Lobby-Arbeit, dort wo es am meisten weh tut. In der Fußgängerzone.

Noch ganz wuschig vom Programm-Praecox der Vorwoche stand der Plan auch für den zweiten Akt der großen Reality-Rückführung fest: Wieder ein bisschen früher einschalten und mal im zweistelligen Bereich der Fernbedienung gucken, was sich so jenseits der ganzen Wahrheit abendlich auf RTL2 versendet. Wollny wir se reinlasse? Aber sischer dat. "Kümmert euch um das Tier, wie sich dat gehört. Auch wenn ihr in der Scheiß Pubertät seid. Sonst bin ich inne Wechseljahre!" keift die Wutmutter da ihren Biestern entgegen. Die schrecklich große Wollny-Familie, eine Art Waltons für Teleshopper, macht unmittelbar vor dem neuesten Kapitel um Sarah und Pietro unmissverständlich klar, dass es in La-La-Land gar keinen Unterschied macht, ob man sich nun trennt oder nicht, betrügt oder treu ist, das Hundchen Chappi oder Pal oder gar nichts bekommt - Ärger gibt das sowieso. Und wenn der Arsch Kirmes hat, spielt RTL2 die Musik dazu.

Redundiert, dass es nur so splatattert

Vorhang auf für den zweiten Akt von "Sarah und Pietro - die ganze Wahrheit", und zumindest die zarte, vielleicht nicht gerade Hoffnung, aber so doch Erwartung hat man, dass sich irgendwo zwischen Schluchzen und Seufzen und Stöhnen vielleicht doch noch eine homöopathische Dosis Neuerkenntnis verbergen könnte. Aber nichts da. Bis Mutter Wollny, die nicht nur vor, sondern auch nach Sarah und Pietro um Quote keift, im Anschluss an die Sendung den neuen Freund einer ihrer Töchter mit einer Banane und einem Kondom an den Kaffeetisch bittet, passiert statt der Wahrheitsenthüllung vor allem eins: Es wird redundiert und repliziert, dass es nur so splatattert.

War ein Großteil der Werbeblock-Umrandung vom Mittwoch zuvor noch mit der Zweitverwertung von unterhalb des Schneidetisches gefüllt worden, musste nun ja irgendetwas, nennen wir es der Form halber Neues daherkommen. Das nun wiederum gestaltete sich übersichtlich: Pietro will kämpfen. Sarah hat Angst, unter Leute zu gehen und davor, dass Omma und Oppa sauer sind. Und Alessio, in Camouflage-Buxe gehülltes Opodeldok mit Trump-Scheitel, hält unangefochten die Resilienz-Fahne oben. 

So wohlgelaunt der Junior, so hartgebettet in diesen Tagen seine Eltern: Da möchte Sarah sich am liebsten verkriechen, was sie nun ausgerechnet dem netten Herrn von RTL2 ins Mikro weint. Doch damit nicht genug. Im Feldversuch "Realität" schiebt die leidende Lombardi auch noch den Kinderwagen durch spärlich bevölkerte Fußgängerzonen und lässt sich nach all dem Social-Media-Geschimpfe zur Abwechslung mal in Echtzeit einen vorkommentieren. Dabei entpuppt sich jener ältere Herr, der in seinem gelben Funktionsjacken-Outfit aussieht wie ein Ordner-Backup von Borussia Dortmund, durchaus als Mann mit Herz: "Was in eurem Leben passiert, hat in der Öffentlichkeit nix verloren" - so die Quintessenz des patenten Passanten. Läuft die Kamera? Aber sicher. Das weiß sogar Pietro: "Die Bilder sind stärker wie alles andere".

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Wer sind eigentlich Pietro und Sarah Lombardi?

Doch während Sarah - ob mit Muttern im "Cafékränzchen" oder bei Omma und Oppa auf dem guten Sofa - vornehmlich tränendurchweichte Phrasen-Plätzchen ausstößt, geht der Blick des Ex-Gatten in spe durchaus Richtung Zukunft. Noch nächtigt Pietro auf dem Gästebett eines Kumpels, dessen Bude aussieht wie ein Mix aus Partykeller und Solarium-Rezeption, doch die eigene Bude ist nur eine Frage der Zeit. Anruf bei der Maklerin? Check! Auf den AB gesprochen? Doppel-Check! "Ich bin grad richtig stolz auf mich!" entfährt es dem zukünftigen Einzelmieter, der sich zur Wohnungsbesichtigung dann sogar noch mit einer Art Maklerin trifft. Die Tage des muffigen Nachtlagers zwischen Minion-Figuren und Wandtattoos - sie scheinen gezählt.

In Sachen Liebe sind die Latüchten aus

Sarah tritt dagegen weiterhin auf der Stelle. Da nützt es auch wenig, dass sie selbst in schweren Zeiten immer noch "das Licht gesehen hat". In Sachen Liebe sind die Latüchten aus, ist es mittlerweile zappenduster. Als Omma, im herzerwärmenden Italo-Duktus, irgendwo zwischen Tony Soprano und dem Mann aus der Nescafé-Werbung, etwas von "Paartherapie" ins Feld führt, muss dann sogar ihre Enkelin fast lachen. Nein, Großmütterchen, das Thema ist "abgehackt", wie die Enkelin in einem Anflug von Pragmatismus zwischendurch verkündet. Um einiges schwieriger dagegen auszuhalten, sich von der eigenen Oma die Theorie anhören zu müssen, man hätte die Bumsbilder vielleicht nur gemacht, damit Männe eifersüchtig wird.

Die ganze Wahrheit dreht in der kommenden Woche natürlich eine weitere Runde. Und ein paar Fragen gilt es ja auch noch zu klären: Wer hat sich in Sarahs iCloud eingehäckt? Bekommt Pietro die Bude? Und wann fragt endlich mal jemand Mutter Wollny, was die eigentlich von der ganzen Chose hält?

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