- 4 von 5 Punkten
- Kammerspiel im Pflegeheim und Ausflug ins Liebesleben von Kommissar Eisner
Worum geht's in diesem "Tatort"?
Linda Filipovic (Gabriela García-Vargas) besucht ihren Vater Danijel (Roman Frankl) regelmäßig im Pflegeheim. Der 73-Jährige sitzt im Rollstuhl und muss starke Medikamente nehmen. Nicht nur mit seiner Tochter gerät Danijel Filipovic immer wieder in Streit, auch unter den Bewohnern und Mitarbeitern der Einrichtung gilt er als schwierig. Der einzige, der einen Draht zu ihm zu haben scheint, ist der Pfleger Horst Windisch (Michael Edlinger). Er kümmert sich darum, dass Filipovic einmal in der Woche ein Bad nehmen kann. Dafür wird der Senior mit einem automatischen Hebesitz in die Wanne gelassen. Doch plötzlich kommt es zu einem Feueralarm und einem Stromausfall. Windisch lässt Filipovic allein im Baderaum zurück, um die Ursache des Zwischenfalls zu finden. Als der Pfleger zurückkommt, liegt Filipovic tot in der Badewanne. Windisch ist sich sicher: Das war kein Unfall, sondern Danijel Filipovic wurde ermordet. Die Kommissare Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) übernehmen den Fall. Sie müssen herausfinden, was in den chaotischen Minuten im Pflegeheim passiert ist, und wer Danijel Filipovic auf dem Gewissen hatte. Was weiß die Pflegerin Patricia Quiambao (Nina Fog), die für die Tatzeit kein glaubwürdiges Alibi hat? Oder der vorbestrafte Fußpfleger Ivica Kjuric (Aleksandar Petrovic)? Auch mehrere Heimbewohner geraten ins Visier der Ermittlungen.
Warum lohnt sich der Fall "Der Elektriker"?
Die Macher des "Tatorts" (Buch: Roland Hablesreiter, Petra Ladinigg, Regie: Harald Sicheritz) haben für die Handlung einen Schauplatz gewählt, den man nicht so oft in Krimis sieht: Die meisten Szenen spielen in den Räumlichkeiten des Pflegeheims. Das macht den Streifen zu einem spannenden Kammerspiel. Im Fokus stehen mehrere Bewohner und Pfleger, die alle ihre Geheimnisse zu haben scheinen. Gleichzeitig geht es um eines der großen Probleme unserer Zeit: Der Mangel an Pflegepersonal und die chronische Überlastung der Beschäftigten. "Alten- und Krankenpfleger ist ein extremer Job. Ich glaube, es gibt nichts Härteres", konstatiert Kommissar Eisner in einer Szene. Eine filmisch sehr interessante Idee stammt von Kameramann Tom Kürzl: Er stattete die Ermittler mit einem 3D-Modell des Pflegeheims aus. Im Kommissariat "spielen" sie so nach, wer sich wo aufgehalten hat und rekonstruieren die Tat. Als Heimbewohner müssen Büromaterialien wie Radiergummi, Klebestift oder Tacker herhalten.
Was stört?
Der Film reißt viele Themen an, ohne sie wirklich zu vertiefen. Es geht um familiäre Konflikte, wenn die Angehörigen in einem Pflegeheim betreut werden müssen. Um Vereinsamung im Alter und die Vernachlässigung der Bewohner in der Residenz, alte Traumata und die Überforderung des Pflegepersonals. Sich hier auf weniger Aspekte zu konzentrieren und diese detaillierter auszuarbeiten, hätte dem Film noch mehr Kraft verliehen.
Die Kommissare?
Für Moritz Eisner wird's persönlich. Bei den Ermittlungen im Pflegeheim trifft er auf Sandra (Martina Spitzer), eine Frau, die ihm einst nahestand. Erst behauptet Eisner gegenüber seiner Kollegin Bibi Fellner, dass es sich nur um eine entfernte Bekannte handele. Später muss er zugeben, dass da mehr war. Die Tatsache, dass eine Frau, in die er vor vielen Jahren schwer verliebt war, nun an ALS erkrankt ist und im Rollstuhl sitzt, stimmt Eisner nachdenklich. "Als ich die Sandra im Heim gesehen habe, war ich erleichtert. Dass es nicht ich bin, die sie jetzt pflegen muss", gesteht er.
Ein- oder ausschalten?
Für Ende 2026 haben die Schauspieler Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser ihren Abschied vom Wiener "Tatort" angekündigt. Bis dahin gibt's noch drei neue Fälle. Dieser lohnt das Einschalten.