Manche Dinge muss man nicht gesehen haben. Der Oberkörper von Jorge Gonzalez gehört dazu. Das ist Jorge Gonzalez aber leider egal. Und darum sitzt er nun dort, lächelt fröhlich und hält die haarlose Brust in die Gegend. Bis er schließlich doch ein Einsehen hat und seine Jacke wieder schließt. Das wirkt wie eine arme Variante der Chippendales? Ja. Aber es ist nur "Let's Dance".
Diese Woche herrscht bei der RTL-Tanzshow Halbzeit. Vier Sendungen gab es schon, vier stehen noch aus, diese hier liegt in der Mitte. Und das stellt den Sender vor eine Herausforderung: Die Show muss sich noch steigern bis zum Finale, darf also nicht schon zu perfekt sein. Gleichzeitig soll sie aber aufregend genug sein, dass die Leute einschalten. Aber wie kann etwas aufregend sein, dass sich Woche für Woche wiederholt? Bei dem der einzige Unterschied darin besteht, dass jemand den rechten statt des linken Arms bewegt? Eben. Geht nicht. Leider versucht RTL es trotzdem: mit Klamauk und nackten Tatsachen à la Jorge.
"Mach doch mal dein Freude-Gesicht!"
Zuerst muss das Moderatoren-Team ran. Sylvie van der Vaart ist ja ohnehin nicht für ihre große Begabung in diesem Beruf bekannt. Aber dieses Mal hat sie herausragend dämliche Notizen auf den Karten stehen ("Mach' doch mal dein Freude-Gesicht"). Bei ihrem Kollegen Daniel Hartwich läuft es nicht viel besser. Der muss nämlich zuerst völlig stupide Ansagen machen ("Sie ist, wer sie ist und das ist auch gut so, denn sie ist Simone Ballack") und dann die ganze Zeit mit Juror Jorge Gonzalez flirten ("Du hast den Größten"). Klingt ganz witzig? Naja. Beim allerersten Mal vielleicht. Beim gefühlten 782. Mal nicht mehr.
Dann kommen die Promis. Die geben auch noch einmal alles, was geht. Also nicht viel. Eigentlich stehen Samba und Slow Fox an. Aber die Tänze werden schnell zur Nebensache. Schauspielerin Manuela Wisbeck schluchzt sich mehr durch die Sendung, als dass sie tanzt. "Bachelor" Paul Janke steppt erst mit einem Stuhl im Arm durch den Proberaum, dann kuschelt er sich so intensiv an seine Tanzpartnerin heran, dass die sich sichtlich unwohl fühlt. Ex-Fußballer-Gattin Simone Ballack ist angeblich plötzlich so wild aufs Tanzen, dass sie ihren Trainer morgens um sieben aus dem Bett klingelt und wild kichert und kreischt. Soap-Star Sila Sahin trägt das knappste Kleid der Welt und enthüllt gemeinsam mit ihrem Tanzpartner, dass ihre Mutter immer die Wäsche der beiden wasche. Und Ballermann-Sänger Jürgen Milski zeigt der Welt nicht nur, wie er zur Bräunungs-Dusche geht. Sondern kurz danach leider auch noch seinen nackten, neu-gebräunten Hintern (mitsamt dem er dann am Ende aus dem Wettbewerb fliegt). Insgesamt alles kein schöner Anblick.
Kampftanzen mit Schlachtruf
Da hilft es auch nicht, dass die Promis zusätzlich zu ihren Einzeltänzen noch zum Tanz-Wettbewerb gegeneinander antreten müssen, in zwei Teams à drei Kandidaten. Klar, sie geben sich Mühe. Denken sich eine Choreographie aus, üben sie innerhalb eines Tages ein, erfinden einen Schlachtruf. Aber leider ereilt sie dann dasselbe Schicksal wie die ganze Sendung: um nicht langweilig zu sein, übertreiben sie es. Mit ihren Kostümen (rosa-blaue Schlafanzüge), mit ihrem Konkurrenz-Gebaren ("Wir nuckeln euch weg"), mit allem. Schade.
Aber die Kandidaten sind damit ja nicht allein. Auch die Jury gibt sich dieses Mal ganz besonders Mühe. Alle drei Mitglieder sind nicht nur greller angezogen als sonst, sondern auch krasser in ihren Urteilen. "Das war scheiße", sagt etwa Joachim Llambi und guckt dazu so drohend, als habe er gerade die Apokalypse für den kommenden Dienstag angekündigt. Mit-Jurorin Motsi Mabuse meckert mehr als sonst.
Und Jorge Gonzalez schließlich trägt auch ein paar Sätze bei ("Ich warte auf Deine Mutation"), die man aber leider wegen seiner Nuschelei und dem irren Psychopathen-Lachen dazwischen kaum bis gar nicht versteht. Als er schließlich auch noch völlig unvermittelt seinen nackten Oberkörper präsentiert, macht das dann auch nichts mehr. Die Sendung ist eh schon gründlich schief gegangen.