Als nach dem Mauerfall 1989 die Soziologen die Brüder und Schwestern aus Ost und West unter der Gürtellinie vermaßen, staunten sie nicht schlecht: Die im Osten hatten offenbar trotz SED-Diktatur den besseren und häufigeren Sex. "Wenigstens im Bett", so hieß es damals laut Statistik, "waren die Kommunisten die Besseren". Und woher kam's? Westliche Reizüberflutung womöglich, kirchliche Lustfeindlichkeit? Oder machte der Wohlstand einfach träge? Die häufigste Erklärungsvariante aber lautete: Nur im Bett fand man im Osten wirklich Zuflucht vorm Staat. Auch was die Pornoerzeugnisse anbelangt, schlugen sich die Ost-Amateure mit der Super 8-Kamera recht wacker.
Das Angebot an den Zeitungskiosken der DDR war eher spärlich. Es gab allenfalls verschämte Aktfotografien im Nackt-"Magazin" und die braven Druckerzeugnisse der FKK-Bewegung. Kein Hochglanz-"Playboy" und kein "Penthouse" weit und breit.
Pornos für den West-Export
Doch die Menschen in der DDR zeigten sich - wie bei allen Mangelphänomenen höchst erfinderisch. Man griff selbst zur Kamera, statt Porno-Busenwundern wie bei Russ Meyer probte die Brigade den Aufstand. Knetfiguren trieben es zur "Sandmännchen"-Melodie gar unterm errötenden Marx-Monument. Vor allem die Amateurfilmzirkel der volkseigenen Betriebe gaben dabei ihr Bestes. Statt, wie vorgesehen, Filme über Arbeitsschutz und Planerfüllung zu produzieren, zeigten sie, wie man im Adamskostüm lustvoll Liebe macht. Aber auch im Filmzirkel der Nationalen Volksarmee wurden immer wieder heimlich Erotikstreifen abgedreht.
Auch höchst offiziell sollen pornografische Erzeugnisse produziert worden sein - und das sogar für den West-Export. Dabei hatte es zwischen Politbürogrößen noch 1982 Diskussionen über "Lady Chatterly" gegeben. Insbesondere der Reportageroman "Die Entgleisung" der Thüringer Autorin Inge von Wangenheim befeuerte anfangs der 80-er dieses Gerücht: Als an einem lauen Sommerabend im Süden der Republik ein Zug entgleist, so der Inhalt, flattern aus den umgekippten Waggons Pornohefte und -bücher. Alles aus einem marxistischen Betrieb stammend und für Schweden bestimmt. Die Kinder des nahen Dorfes bringen sogleich den pornografischen Schatz unters darbende Volk.
Für ihren Film (Erstsendung bei ARTE, 2009) sprachen die Autoren mit Machern und Zeitzeugen über ein munteres Kapitel der DDR-Geschichte und liefern dabei ein Filmmaterial, das abseits des sozialistischen Realismus seine ganz eigene kuriose Wahrheit hat.