Jagdtrieb abgewöhnen Warum Hunde jagen

Von Astrid Nestler
Jagdtrieb abgewöhnen: Warum Hunde jagen
Wie gerne Hunde jagen, hängt stark von ihrer Rasse ab. Langbeinige Windhunde sind für die Hetzjagd gezüchtet worden.
© TAHIR ABBAS / iStock / Getty Images
Ein Vogel im Busch, ein Hase im Unterholz, und schon ist er auf und davon. Jagende Hunde sind schwer zu bremsen. Sie stellen ihre Besitzer nicht selten vor große Herausforderungen - und vor die Frage: Warum jagen Hunde überhaupt?

Die Antwort gleich vorneweg: Hunde jagen, weil es sie glücklich macht. Es ist nämlich selbstbelohnend – so hat es die Natur vorgesehen. Hunde jagen nicht unbedingt, weil sie Hunger haben, sondern weil die Ausschüttung bestimmter Hormone sie in eine Art Glückszustand versetzt, ähnlich unserem Empfinden, wenn wir verliebt sind.

Was löst den Jagdtrieb des Hundes aus?

Der Reiz, der das Jagdverhalten auslöst, ist meist ein Gegenstand, der sich schnell bewegt, oder ein Lebewesen, das durch das Sichtfeld huscht, zumindest wenn der Hund ein Sichtjäger ist. So reicht vorwiegend bei Rassen mit langen Nasen und langen Hängeohren wie Schweißhund, Beagle oder Basset bereits eine frische Spur, und der Hund schaltet komplett ab.

Weitere Faktoren für das Auslösen des Jagdverhaltens sind Erfolgserlebnisse, an die sich der Hund erinnert. Bei manchen genügt es, Vögel zu sehen, sie aufzuscheuchen, um die Selbstkontrolle zu verlieren. Andere müssen Beute einmal gepackt oder gefressen haben, um auf den Geschmack gekommen zu sein. Auch Stimmungsübertragung kann der Auslöser für eine Hatz sein. So wird aus einer entspannten Hundegruppe binnen Sekunden eine unkontrolliert jagende Meute, wenn beim Spaziergang mit mehreren nur ein Tier das Jagdfieber befällt.

Die Leidenschaft zu jagen ist rasseabhängig

Jagdpassion zeigen längst nicht alle Rassen gleich viel. Das Instinktverhalten des Hundes wird von vier Faktoren bestimmt. Erstens durch territoriale Verhaltensweisen, zweitens den Jagdinstinkt – und damit verbunden durch alles, was mit dem Nahrungserwerb zusammenhängt –, drittens durch das Sexualverhalten und viertens das soziale Rudelverhalten. Je nachdem, für welche Aufgabe eine Rasse gezüchtet wurde, hat man mal das eine, mal das andere in den Vordergrund gestellt, bei Wach- und Schutzhunden waren es etwa die territorialen Instinkte, bei Gesellschaftshunden eher das soziale Rudelverhalten.

Die Gruppe der Jagdhunde wurde im Lauf der Zeit weiterhin spezialisiert. Aus der ursprünglichen Verhaltenskette – Orten, Fixieren, Anpirschen, Hetzen, Packen, Töten, Fressen – wurden bei manchen Rassen bestimmte Elemente ausdrücklich betont, andere dafür in den Hintergrund gedrängt. So wurde etwa bei Windhunden das Hetzen, bei Border Collies das Anschleichen und Fixieren und bei Terriern das Packen und Töten besonders hervorgehoben. Auf diese Weise wurden Spezialisten herangezüchtet, die sich dank ihres Körperbaus und Verhaltens ausdrücklich für bestimmte Aufgaben eignen.

Rassen, die leidenschaftlich gern jagen:

  • Afghane
  • Basset Hound
  • Beagle
  • Bracke
  • Coonhound
  • Dachshund
  • Deutsch Kurzhaar
  • Deutsch Langhaar
  • Deutsch Drahthaar
  • Foxterrier
  • Greyhound
  • Hubertushund
  • Husky
  • Jack Russell Terrier
  • Jagdterrier
  • Laika
  • Magyar Vizsla
  • Münsterländer
  • Otterhound
  • Podenco
  • Pointer
  • Retriever
  • Schweißhund
  • Setter
  • Wachtelhund
  • Weimaraner

Wie man dem Hund das Jagen abgewöhnt

Ein Jagdhund ist eine prima Sache – wenn man gerne zur Jagd geht. Im Familienalltag machen diese Hunde dagegen oft Probleme. Aber das Jagen langfristig abgewöhnen, kann man das überhaupt? Welche Wege es gibt, einen Jäger zu managen

Hunde vom Jagen abzuhalten ist ein Stück harte Arbeit, die Monate oder Jahre dauern kann. „Ein Hund, der gezüchtet wurde, um auf sich allein gestellt kilometerlang Wildspuren zu verfolgen, ist naturgemäß sehr unabhängig“, weiß Jäger und Hundetrainer Anton Fichtlmeier. „Kein Wunder, wenn er uns bei Vorhandensein von Wildspuren oder Wildkontakt stehen lässt und abzischt. Jeder Wildgeruch, jede Wildspur, jedes sich in Bewegung befindende Wild ist wichtiger als sein Mensch.“ Aber Resignieren muss nicht sein. Es gibt Wege, einen Jäger besser zu managen, Erziehung ist einer davon.

Fast jeder Halter eines jagdaffinen Hundes kennt dieses ungute Gefühl, wenn der Vierbeiner beim Spaziergang abdampft, einem Hasen oder einem Reh hinterherhetzt. Rufen, locken, bitten – jetzt hilft nichts mehr. Der Hund schaltet ab, ist nicht mehr zu erreichen. Was also tun? Nur noch an der Leine führen ist für viele Hundebesitzer keine Lösung. „Einem Beagle beispielsweise kann man das Jagen nicht abgewöhnen“, erklärt Züchterin Michaela Wimmer. „Wenn man konsequent genug ist, kriegt man ihn zumindest erzogen. Den Spurensucher Beagle kann man selten rechtzeitig genug zurückpfeifen, weil wir Menschen Gerüche kaum wahrnehmen. Daher sage ich meinen Welpenkäufern, dass sie damit rechnen müssen, einen ausgesprochenen Leinenhund zu haben. Damit muss man umgehen können.“

Kooperation ist alles

Rassen sind unterschiedlich stark bereit zu kooperieren. Neben der Spezialisierung auf bestimmte Jagdsequenzen haben wir unsere Jagdrassen auch daraufhin selektiert, dass sie entweder mit dem Jäger zusammenarbeiten und apportieren, vorstehen oder nachsuchen oder selbstständig Wild aufspüren und eben verfolgen sollen. Auf Kooperation gezüchtete Rassen wie Retriever, Münsterländer oder Setter haben meist ein weicheres, nachgiebigeres Wesen und sind einfacher zu erziehen als harte Hunde, die für den Einsatz an wehrhaftem Wild gezüchtet wurden. Hierzu zählen insbesondere Terrier und Dachshunde, aber auch Deutsch Drahthaar, Deutsch Kurzhaar und Weimaraner. Mischlinge können ebenfalls gute Jäger sein: Durch die Vermischung des Erbguts wurden Komponenten, die über Jahrhunderte durch Zuchtauslese getrennt wurden, bei ihnen wieder zusammengebracht. Dadurch kommen sie dem ursprünglichen Hundetypus häufig näher als viele Rassehunde. Sie sind sowohl territorial als auch jagdlich motiviert - was ihre Erziehung nicht unbedingt leichter macht.

Manche Trainer raten zu Jagdersatztraining

Jagdersatztraining basiert auf der Idee, die Passion des Hundes nicht zu hemmen, sondern mit der Jagd nach Ersatzbeute zu befriedigen. Je nach Veranlagung kann dies eine detaillierte Suche nach menschlichen Geruchsspuren sein, sogenanntes Mantrailing, oder ein weiträumiges Stöbern nach Gegenständen. Mit Apportierdummys lassen sich ebenfalls Spuren ziehen. Das Hetzen eines Hasen wird mit Bällen oder Frisbeescheiben simuliert. Zerrspiele geben dem Hund das Gefühl, Beute packen und zerreißen zu dürfen. Trotzdem hetzt kaum ein Hund lieber einen Ball anstelle eines Hasen, und menschlicher Geruch spricht seine Instinkte weniger an als der eines Rehs. Damit er die Beschäftigungen als gleichwertigen Ersatz für das Jagen annimmt, muss ein Umdenken stattfinden. Er muss den Frisbee oder eine Futterbelohnung lieber mögen als das Wild.

Wie man das trainiert, erklärt Anton Fichtlmeier an einem Beispiel: „Der Hund sieht einen Hasen und erwartet ein Verbot, wenn er losgeht, weil er gelernt hat, dass dies ein unerwünschtes Verhalten ist. Zugleich hat er die Erfahrung gemacht, dass er belohnt wird, wenn er sich seinem Menschen zuwendet und Blickkontakt sucht. Jeder Hase kann ihn also zum Anzeigen auslösen.“ Um dies zu erreichen, muss man den Hund zuerst auf ein bestimmtes Hörzeichen konditionieren. „Man ruft zum Beispiel 'Achtung, ein Tier!' und zeigt dabei in Richtung Horizont. Der Hund schaut daraufhin zum Horizont, sieht dort nichts und wendet sich normalerweise wieder seinem Besitzer zu. Genau in diesem Moment erhält er Futter aus der Hand. Im zweiten Schritt deutet man immer, wenn irgendwo ein Vogel auf der Wiese sitzt, in Richtung Vogel und sagt: 'Achtung, ein Tier!', um den Hund dann für die Blickkontaktaufnahme zu belohnen. Der Hund sollte auf diese Weise seine komplette Futterration erhalten.“

Nach ein bis zwei Wochen wird der Hund Blickkontakt aufnehmen, sobald er einen Vogel sieht, und sein Futter einfordern, weil er ein neues Muster gelernt hat, das seine Instinkte in den Hintergrund drängt. Auf vergleichbare Weise lassen sich alternative Beschäftigungen mit Menschen oder Gegenständen als Jagdersatz etablieren. Das ist, zugegeben, eine anspruchsvolle, aber lohnenswerte Arbeit, die allerdings nicht immer und bei allen Hunden gelingt.

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