Doku-Soap Fernseh-Käse mit Victoria Beckham

  • von Frank Siering
Die neue Doku-Soap von Victoria Beckham war mit viel Tamtam im US-Fernsehen angekündigt worden. Ergebnis: Posh Spice langweilt das Publikum jetzt zur Primetime. Da hilft auch ein bisschen Sex nicht weiter.

Die ersten Verrisse ließen nicht lange auf sich warten. Kurz nach der gestrigen Ausstrahlung der Reality-Show "Victoria Beckham: Coming to America" im US-Fernsehen, giftete die New York Post los: "Null Sterne für diese Selbstbeweihräucherung", die der Kritiker der Zeitung als "Orgie von Egoismus" bezeichnete. Die New York Times verglich die 60 "exklusiven Minuten hinter den Kulissen im Leben von Frau Beckham" (NBC-Eigenwerbung) mit dem Beobachten von Käse, wie er in der Sonne dahin schmilzt. "Schafft es der Zuschauer tatsächlich, nach der ersten Werbeunterbrechung zum Programm zurückzukehren, so ist ein für allemal geklärt, dass die angebliche Celebrity-Müdigkeit eine Erfindung der Medien ist", steht da in der Times geschrieben.

Was aber bekam der Zuschauer denn nun genau aufgetischt? Welche exklusiven Einblicke wurden den Amerikanern in die heimischen Wohnzimmer übermittelt? Nun, da sehen wir zum einen eine immer adrett gekleidete Posh Spice Beckham beim Department of Motor Vehicles (Amerikanische Führerscheinstelle, Anm. d. Red.), weil sie ihren Führerschein umschreiben will. Die Aufregung ist kaum zu überbieten, als die gähnende DMV-Angestellte nach einem gültigen Personalausweis der Britin fragt.

Rollschuhfahren im Flur

Dann überraschen uns atemberaubende Aufnahmen von der Häusersuche der Beckhams, die bekanntlich in die eher feineren Gegenden von L.A. führte und in ein Immobilieninvestment in Höhe von 22 Millionen Dollar mündete. "Die Kinder fühlen sich hier einfach pudelwohl", parliert Posh Beckham. Und voller Stolz oder voller Ignoranz, wie ein Leben außerhalb der Millionenblase aussieht, fügt sie hinzu: "Der Flur ist so lang, dass wir unsere Rollerblades unterschnallen können." Und weiter geht's im Reality-(Alb)traum. Ein paar sexy Einstellungen durften natürlich nicht fehlen. Versteht sich doch fast von selbst. "Sex sells", das weiß auch Posh. Also, rein in den Badeanzug, kalifornische Sonne scheint auf das, was die Body-Zyniker in den USA so liebevoll als "Boobs on a stick" bezeichnen. Apropos Busen: Über den äußert sich Frau Beckham dann auch vor der laufenden Kamera. "Sehen meine Brüste wirklich so groß aus?", fragt sie kalkulierend, als sie sich mit dem Celebrity-Blogger Perez Hilton in einem Coffee-Shop trifft. "In Wirklichkeit sind sie gar nicht so groß", verrät die Engländerin und rückt sie noch einmal richtig ins Licht. Die schleichende Langeweile wird glücklicherweise immer wieder durch ein paar pfiffige Werbespots unterbrochen.

Marketing-Maschinerie Beckham

Der Umzug der Beckham-Familie von Madrid nach Los Angeles ist eine professionell inszenierte Marketing-Aktion. Und auch die Reality-Show von Frau Beckham ist Teil davon. Hinter dem Beckham-Investment steht Philip Anschutz. Dem Milliardär gehören die Los Angeles Galaxy und somit auch zumindest für die nächsten fünf Jahre ein großer Teil der Rechte der Marke Beckham. Und während David mit öffentlichen Auftritten, erotischen Fotos in US-Magazinen und Promo-Aktionen für den Verkauf von Beckham-Shirts seinen Teil dieses ominösen Business-Deals einhält, trägt Mrs. Beckham ihren Teil mit einem Jeans-Label, Designer-Sonnenbrillen und Parfum, sowie eben jener Doku-Soap bei. Die Beckhams mutieren zu den Investment-Werkzeugen eines amerikanischen Milliardärs, der darauf baut, dass die Welt auch weiterhin auf "idiotische It-Girls" (New York Times) im Format von Paris Hilton, Britney Spears, Lindsay Lohan und eben Victoria Posh Beckham setzt. Sogar einen eigenen Slogan hat sich Frau Beckham dieser Tage angeeignet. Nicht ganz so cool wie der von Paris Hilton ("That's hot"), aber doch leicht zu merken. "Major", sagt die Britin mit Faible für Leoparden-Muster immer wieder in der Show. "Major" heißt übersetzt soviel wie "größer" oder "viel besser". So ist sie halt, die liebe Posh Spice, einfach "major". Oder doch eher wie Schmelzkäse?

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