Frau Meyer-Landrut, Sie haben das erste Mal bei der Mailänder Modewoche eine Kollektion Ihres Labels a lot less präsentiert. Waren Sie sehr aufgeregt vor der Premiere?
Es war mehr Freude als Aufregung. Wir hatten coole Models und tolle Musik. Die Sachen, die wir gezeigt haben, sind aus der aktuellen Herbst-Winter-Kollektion. Einige davon sind bereits bei About You erhältlich, andere folgen demnächst. Es ist nicht vergleichbar mit den High-Fashion-Brands, die jetzt in Mailand ihre Entwürfe für Frühjahr-Sommer 2023 präsentiert haben. Die Leute, die sich bei Gucci in die Frontrow setzen, die wollen sehen, was sie vorbestellen können. Unsere Kundschaft ist ja eine andere. Bei uns geht darum zu sagen: Jetzt ist Herbst und Winter, also zeigen wir auch die Sachen, die es für Herbst-Winter gibt.
Es gibt inzwischen zahlreiche Prominente, die eine eigene Modelinie vertreiben. Was hat Sie dazu bewogen?
Die Verantwortlichen von About You sind auf mich zugekommen und haben mich gefragt, ob ich das mit ihnen machen möchte. Dann haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, ob wir auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Mir waren verschiedene Kriterien wichtig. Ich wollte, dass es sich um fair produzierte und nachhaltige Mode handelt – so gut das in diesem Preissegment eben geht. Ich möchte aber auch, dass sich die Käufer:innen mit dem Produkt auseinandersetzen, ihnen Wissen vermitteln. Was sind Naturmaterialen? Wie geht man damit um? Was passiert beim Waschen? Was passiert beim Tragen? Es ist ein ständiger Prozess, bei dem sich immer wieder neue Fragen oder Probleme ergeben. Die zu lösen ist auch Teil der Herausforderung, der ich mich stellen wollte.
Im Onlineshop von About You sind einige Artikel als "nachhaltiger" gekennzeichnet. Was steckt da im Detail dahinter?
Das ist die Schreibweise und das System von About You. Darauf habe ich keinen Einfluss, weil es ein Shop-in-Shop-System ist. A lot less ist als Marke bei About You, und About You hat da seine ganz eigenen Kriterien. Ich kann nicht im Detail sagen, was dahintersteht. Ich kann Ihnen nur meine Philosophie sagen, mit der ich versuche, dieses Label zu führen und voranzutreiben. Mein Ziel ist es, Materialien zu benutzen, die zu hundert Prozent wieder recycelt werden können wie etwa Organic Cotton oder recycelten Polyester, den wir jetzt neu in der Herbst-Winter-Kollektion eingeführt haben.
Die Teile der Kollektion werden laut Online-Shop in der Türkei, in Bulgarien und in Portugal gefertigt. Kennen Sie die Fabriken und die Produktionsbedingungen vor Ort?
Ich war noch nicht in allen unserer Produktionsstätten, aber zum Beispiel in einer in Portugal. Das haben wir mit einem Shooting vor Ort verbunden, damit sich der Aufwand auch lohnt, wenn man da hinreist. Ich bin mir all dieser Sachen bewusst und versuche, reflektiert damit umzugehen. Ich finde, es sollte darum gehen, ein Bewusstsein zu schaffen, selbst interessierter und engagierter zu sein, sich zu fragen: Was mache ich eigentlich, was hat das für Auswirkungen und kann ich damit leben? Wenn man alles richtig machen will, dann kann man eigentlich nur als Aussteiger:in und Selbstversorger:in im Wald leben.
Denken Sie darüber nach, Ihre Kollektion zu erweitern? Vielleicht um eine Accessoire- oder eine Männerlinie?
Wir produzieren grundsätzlich nichts außerhalb Europas wegen der Transportwege. Damit sind Accessoires so gut wie ausgeschlossen, denn die werden in Europa nicht zu einem Preis hergestellt, dass wir sie auf einer Plattform wie About You anbieten könnten. Wenn wir in Italien Schuhe herstellen lassen würden, die dem Standard entsprechen, den wir anstreben, müssten wir die unseren Kund:innen für 800 Euro anbieten. Das ist völlig utopisch.
Sie waren kürzlich in Tokio. Gab es da einen Modetrend, der Sie überrascht oder inspiriert hat?
Was ich aus Japan mitgenommen habe ist, dass ich mich dort viel mehr getraut habe in Sachen Mode. Wir haben total viele – für meine Verhältnisse – verrückte Sachen ausprobiert. So bin ich eigentlich nicht. Vielleicht findet sich davon etwas in der nächsten Kollektion wieder.