Weihnachten mit Kind Nach vielen Jahren wieder...

Werden Paare Eltern, steht plötzlich das traditionelle Weihnachten ganz groß in der Tür. Das schafft tiefgreifende Probleme: Was gibt's zu essen? Und: Wer bringt dem Kind die Geschenke? stern-Mitarbeiterin Miriam Collée hat sich diesen Herausforderungen gestellt.

Als unsere Tochter aufhörte, zu sabbern und über den Boden zu robben, fanden mein Mann und ich, es sei Zeit für ein ordentliches Weihnachtsfest. Eines, wie es sich mit Kind gehört. Wir packten die blinkende Lichterkette vom Gemüsetürken in den Keller, fällten einen Baum, bestellten eine holsteinische Biogans, kauften ein Weihnachtsliederbuch zum Üben, da keiner von uns mehr als "O Tannenbaum" zustande brachte, und waren glücklich. Für kurze Zeit.

Die Wunschliste fürs Christkind war auch fast fertig: ein Laufrad, eine Seifenblasenpistole, eine Knete-Spaghettimaschine und ein Bob-der-Baumeister-Helm. Kaum war der Umschlag zugeklebt, mit Hello-Kitty-Aufklebern, Glitzer und Tomatensauce verziert, starrte mein Mann entsetzt auf das Kuvert. "Christkind? Die Geschenke bringt der Weihnachtsmann!" - Tatsächlich hatte er bereits Mantel, Bart und Sack besorgt und einen Freund zum Weihnachtsmannbesuch genötigt.

Zu Weihnachten alles geben

Ich hatte eine sehr bestimmte Vorstellung von diesem Fest. Schließlich musste es elf Monate schlechtes Gewissen und strafende Blicke aus dem Ökokindergarten wettmachen. Wer zu Ostern keine mundgeblasenen Eier mit Rote-Bete-Saft bemalt, zum Laternenfest ein batteriebetriebenes Modell bei Schlecker besorgt und zu Halloween keine Kürbisse aushöhlt, sollte wenigstens an Weihnachten alles geben. Also zerrte ich meinen Mann vor die Tür und hielt einen Vortrag über das heilige Christkind, das nachts den Baum schmücke und Geschenke darunterlege. Er lachte laut. "Ich dachte, du bist aus der Kirche ausgetreten?" - Er wollte kein Christkind, dafür den Baum mit Frau und Kind schmücken.

Seine Familie mache das immer so, ein großer Spaß, bei dem man sich mit mindestens zwei Champagnerflaschen auf Weihnachten einstimme. "Und Amélie kann ja Milch haben", sagte er. Die wiederum schmetterte hinter der Tür: "Alle Jahre wieder". Ich brüllte mit: "... kommt da-has Christuskind!"

Wir einigten uns auf folgenden Kompromiss: Das Christkind schmückt den Baum, der Weihnachtsmann bringt Geschenke. In der Gutenachtgeschichte erzählte ich vom freundlichen Weihnachtsmann, der dem vom vielen Schmücken erschöpften Christkind beim Geschenkeverteilen hilft. Unsere Tochter schluckte es. Da riefen meine Eltern an. "Hast du schon dem Christkind geschrieben?", fragten sie ihre Enkelin. Ich riss ihr den Hörer aus der Hand und flüsterte hinein: "Zu uns kommt seit Neuestem der Weihnachtsmann." Darauf erklärten meine flexiblen Eltern, dass das Christkind nur in den Bergen rumfliege, wo der Weihnachtsmann den Rentierschlitten schlecht steuern könne. Jetzt war das arme Heidenkind komplett verwirrt: "Wenn das Christkind nicht nach Hamburg fliegt, wer schmückt unseren Baum?"

Disney-Kitsch

Ich ging einkaufen. Auf meiner Liste hatte jemand seltsame Sachen addiert: Hering, Rettich, Radieschen, Gurken, sieben Kilo Kartoffeln, Sellerie, Äpfel, Möhren, Nüsse. Ich rief meinen Mann an: "Was soll das?" Antwort: "Neunerlesalat." Den hatte seine Oma erfunden. "Weihnachten ohne Neunerlesalat ist kein Weihnachten." Im Kopfkino meines Mannes schien ein komplett anderer Disney-Kitsch-Film zu laufen als in meinem.

Der Zusammenschnitt aus beiden ergab: eine Sechs-Kilo-Gans, Knödel und sieben Kilo Neunerlesalat für acht Personen. Als endlich der Weihnachtsmann kam, konnte sich keiner mehr bewegen. Nur unsere Tochter sprang auf, als sie den roten Mantel sah, und sagte: "Schaut mal, da kommt der Nikolaus!"

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