Unsere Mitmenschen halten sich ja jetzt häufig sehr bedeckt. Gehen wir aus der Tür blicken wir größtenteils nicht mehr in Gesichter, sondern auf Vermummte. Als wären wir Zeugen eines immerwährenden Massen-Banküberfalls. Letztere gehen ja jetzt auch nicht mehr so einfach. Der Räuber sieht ja nun aus wie alle Kunden.
Wer hätte das gedacht? Der Mund-Nasenschutz ist das neue Kondom. Jeder, der noch alle Latten am Zaun hat, schützt sich durch Verhüllung. Die "Schnuten-Pullis" (norddeutsche Umschreibung) haben Einzug in unseren Alltag gehalten. Alle kriegen dauernd was auf die Fresse! Ich frage mich: Was macht das mit uns?
Ich sage: Die Kommunikation leidet massiv. Wir verstehen uns nicht mehr so gut. Häufig gucken wir ja nur noch in die Augen der anderen. "Ein Blick sagt mehr als tausend Worte", behauptet der Volksmund. Das wüsste ich aber. Ohne eine flächendeckende Mimik verstehe ich meine Mitmenschen nicht mehr. Übrigens auch nicht akustisch. Neulich sagte meine Frau beim gemeinsamen Einkaufen, ich solle "Aufterpiffe" kaufen. Sie meinte Austernpilze.
Die Augen als Spiegel der Seele? Von wegen!
Man kann auch nicht, wie es oft heißt, mit den Augen lächeln. Ich habe das probiert. Es funktioniert nicht. Die Augen sind vieles, aber kein Spiegel der Seele. Man kann nur sehen, ob eine/r gesoffen, gekifft oder ein Gerstenkorn hat.
Allein der Tonfall macht jetzt die Musik. Und hier haben viele Menschen schwere Defizite. Schleppende Sprache, eingeschränkte Modulation, akute Maulfaulheit, brutale Dialektfärbung – all das führt zu vermehrten kommunikativen Desastern. Ich habe mich kürzlich in Baden-Württemberg beim Einkaufen wie ein Ethno-Linguist bei der Erforschung seltener indigener Dialekte gefühlt. Das Schwäbische verträgt sich nicht mit Mundverhüllung.

Lustig ist auch, dass es jetzt auf Demos kein Vermummungsverbot mehr gibt. Jetzt wird man verhaftet, wenn man sich beim Randalieren und Polizisten-Bepöbeln nicht verhüllt.
Dabei fing alles mit einer großangelegten Leugnungs-Kampagne an. Zu Beginn der Krise tönten sämtliche Virologen im TV und alle Behörden immer wieder: Masken bringen nichts! Vollkommener Unsinn! Lasst es!
Jetzt sind sie verpflichtend.
Die schlichte Wahrheit ist wohl: Man hat uns das so oft gesagt, weil man keine hatte. Kommt ja nicht so gut, wenn ein Politiker sagt: "Die Dinger helfen, aber leider können wir sie der Bevölkerung nicht zur Verfügung stellen. Wir haben trotz der ... ääh ... seit langem vorliegenden Pandemie-Pläne keine vorrätig."
Eine Zeitlang mussten wir sie dann selbst nähen oder uns einen Schal ums Gesicht wickeln. So schützte sich Deutschland.
Schon gibt es wieder Gegenwind. Wenn Masken gefährlich werden.
Aber nun haben alle - ganz zuletzt auch die WHO - begriffen: Masken schützen. Manchen haben aber etwas gebraucht, diese Schutzfunktion auch nachzuvollziehen. Armin Laschet zum Beispiel. Der trug als Masken-Depp bei einem öffentlichen Termin den Schutz nur über dem Mund und ließ den Armin-Zinken für die Aerosole frei. Und dieser Mann will Kanzler werden!
Aber schon gibt es auch wieder Gegenwind. "Masken sind ein Nährboden für Bakterien und Pilze", unken nun einige Virologen. Da krieg ich gleich Schnappatmung unter der Gesichts-Haube. Man solle die Dinger zwar unbedingt tragen. Aber bloß nicht falsch und da dauernd Keime rein atmen. Hmm. Also Masken tragen, aber nicht atmen? Gute Idee. Eine falsche Anwendung sei es auch, wenn man die Masken dauernd anfasst. Man kann sie sich ja aber schließlich nicht mit den Füßen aufsetzen. Der Virologe neigt neuerdings zur Weltfremdheit.
Aber unterm Strich scheint das kollektive Tragen eines Mund-Nasenschutzes ja denn doch zu helfen. Die Infektionszahlen hierzulande sinken. Und schon werden einige wieder sehr locker und lassen die Masken lässig an einem Ohr baumeln oder ziehen sie sich unters Kinn oder schieben sie sich hoch in die Haare. Das soll cool rüberkommen – so wie früher das Rauchen.
Insofern ist Armin Laschet vielleicht gar kein Masken-Depp, sondern ein cooler Trendsetter.