François meldete sich meist am Abend, um sich für den frühen Morgen mit mir vor der Webcam zu verabreden. Diesmal schickte er noch eine zweite Chatnachricht hinterher: "Ich möchte sehen, wie du in einer Frau kommst. Kannst du eine Freundin fragen, ob sie mitmacht?" Ich hatte Bedenken, sie müsste sich ja ziemlich bloßstellen vor der Kamera. Und auch nach einem halben Jahr Webcam mit François musste ich mich fragen: Kannte ich ihn überhaupt?
François war früher ein Stammkunde meines Bruders gewesen; ein französischer Börsenhändler um die 60, der in London lebt. Mein Bruder besuchte ihn zu Beginn seiner kurzen Escortkarriere für ein Wochenende. Damals waren wir aufgeregt, ob das alles gut gehen würde. Es ging gut: François wohnte in der Innenstadt Londons mit einer Eigentumswohnung von geschätzt 150 Quadratmetern, er hofierte meinen Bruder mit Champagner, Shoppingtouren über die Oxford Street und Sightseeing. Zwischendrin vergnügten sie sich. Nur deshalb stimmte ich zu einem späteren Zeitpunkt auch zu, als François mich vor der Kamera sehen wollte.
Auf seinen Wunsch, mal mit einer Frau zu schlafen, ging ich dann doch ein und fragte meine Freundin. "Du bist sicher, dass er es nicht mitschneidet?" , fragte sie. Ich machte das für François zur Bedingung, also stimmte sie zu. Wir verabredeten uns mit ihm für den kommenden Abend.
Wir arrangieren die Kamera und unser Bett
Eine Stunde vorher arrangieren wir die Kamera und unser Bett. Wie kann sie sich hinlegen, sodass man ihr Gesicht nicht sieht? Oder ist es eh egal? Hunderte Pärchen zeigen sich doch auf den bekannten Webcam-Sex-Seiten.
Wir beginnen, miteinander zu schlafen, und linsen immer mal auf die Skype-Oberfläche. Dann plingt es: "Hey, ihr beiden. Bin gerade nach Hause gekommen. Seid ihr bereit?" Ich drücke den Button für den Videocall. Das erste Bild, das François erreicht: Meine Freundin hat meinen steifen Penis in der Hand. Er spricht nicht, sondern schreibt. "Zeig, wie du ihn einführst und Spaß hast. " Meine Freundin legt sich mit geöffneten Beinen zur Kamera. Ich beuge mich über sie.
Irgendwie ist es befremdlich, irgendwie auch erregend. Sie grinst mich an, darüber bin ich erleichtert. Wir küssen uns, während François uns von hinten beobachtet. Nach einigen Minuten plingt es wieder. Ich drehe mich Richtung Notebook. "Kannst du jetzt in ihr kommen?" Ich nicke in die Kamera, stoße ein paarmal und komme. Das war wahrscheinlich der kürzeste Sex, den meine Freundin und ich je hatten. Und der bestbezahlte: François bedankt sich höflich und überweist mit Paypal 600 Euro.
Der NEON-Dreier
Drei Kolumnisten schreiben im Wechsel: Pascal Schaefers verrät, was man als Escort erlebt. Theresa Lachner probiert neue Praktiken aus. Und Theresa Bäuerlein fragt Menschen, was ihr Sexleben gerettet hat.