Dissident Chen: "So schnell wie möglich raus aus China"

Der chinesische Menschenrechtsaktivist Chen Guangcheng hat kein Vertrauen in die Garantien seiner Regierung.

Der chinesische Menschenrechtsaktivist Chen Guangcheng hat kein Vertrauen in die Garantien seiner Regierung. "Es gibt so viele Unsicherheiten für mich", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Ich bin nicht frei." Er wolle "so schnell wie möglich raus aus China, mit meiner ganzen Familie", fügte er hinzu. "In China gibt es keine Garantien für Bürgerrechte." Menschenrechtsorganisationen und Aktivisten zeigten sich zurückhaltend hinsichtlich einer baldigen Ausreise.

Chen will in die USA ausreisen. An einem Studium in seinem Heimatland, das ihm Peking anbot, hat er kein Interesse mehr: "Vergessen wir das, es ist sinnlos", sagte er dem "Spiegel". Chen äußerte sich den Angaben zufolge im Krankenhaus, nachdem er die US-Botschaft in Peking verlassen hatte.

In dem Interview berichtete er von Schlägen und Schikanen während seines 18-monatigen Hausarrests: "Die Wächter hinderten uns gewaltsam daran, nach draußen zu gehen, sie folgten uns auf Schritt und Tritt", sagte er. "Die Leute von der Staatssicherheit brachen in unser Haus ein, sie schlugen mich und meine Frau", berichtete Chen. "Sie schleppten alles aus dem Haus, sogar Fieberthermometer und Taschenlampen."

Der Dissident stand nach einer vierjährigen Haftstrafe seit September 2010 unter Hausarrest. Am 22. April floh er in die US-Botschaft in Peking. Am Mittwoch verließ der 40-Jährige die Botschaft und wurde in ein Pekinger Krankenhaus gebracht, wo er sich nach eigenen Angaben bedroht fühlt. Trotz der Ankündigung der chinesischen Behörden vom Freitag, Chen Reisedokumente auszustellen, ist unklar, ob und wann er China verlassen kann.

Der Fall belastet die Beziehungen zwischen China und den USA stark. US-Außenministerin Hillary Clinton, die sich zu zweitägigen bilateralen Gesprächen in Peking aufhielt, verließ China am Samstag. Sie hatte am Freitag von "Fortschritten" im Fall Chen gesprochen. Konkrete Angaben zu Chens Ausreise oder Garantien der chinesischen Behörden machten die USA jedoch nicht.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International begrüßte in Washington die Ankündigung der chinesischen Regierung, Chen Reisedokumente auszustellen. Entscheidend sei aber, ob China den Ankündigungen letztlich auch nachkomme.

AFP
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